Zum Bild: Maria reicht als neue Eva die Eucharistie vom paradisischen Baum des ewigen Lebens, Eva reicht die Frucht des Todes - Miniatur aus dem Salzburger Missale von Berthold Furtmeyr (um 1480)
Die von der Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz bei ihrer Frühjahrs-Vollversammlung im Februar 2018 in Ingolstadt verabschiedete pastorale Handreichung „Mit Christus gehen – der Einheit auf der Spur. Konfessionsverbindende Ehen und gemeinsame Teilnahme an der Eucharistie“ hat den Widerspruch von sieben, vor allem bayerischen Bischöfen hervorgerufen und den Vatikan auf den Plan gerufen. Damit wurde zugleich eine weltweite Diskussion darüber ausgelöst.
Mittels der „Handreichung“ sollte einem evangelischen Partner in konfessionell gemischten Ehen der Zugang zum Empfang der heiligen Eucharistie in der katholischen Kirche unter der Bedingung erlaubt werden, dass er den katholischen Glauben teilt und ein so starkes „geistliches Bedürfnis“ danach empfindet, dass ein Ausschluss einer „schweren Notlage“ für ihn und seine Ehe gleichkommt – das Kirchenrecht denkt beim erlaubten Ausnahmefall von „schwerer Notlage“ üblicherweise an „Todesgefahr“ (vgl. CIC 844 §4), doch gerade das ist mittlerweile umstritten. Die Frage ist: Wird hier die Einheit der Kirche als Ziel der Ökumene vorweggenommen, oder bleibt dabei alles beim Alten, bei einer „versöhnten Verschiedenheit“ der weiterhin getrennten Kirchen?
Vollkommene hochzeitliche Liebe
Die Eucharistie als heiliges Zeichen des Bundes Gottes mit seiner Kirche zielt auf die vollkommene wechselseitige Liebeshingabe im Heiligen Geist. Paulus schreibt der Kirche von Korinth: „Denn ich liebe euch mit der Eifersucht Gottes; ich habe euch einem einzigen Mann verlobt, um euch als reine Jungfrau zu Christus zu führen. Nun fürchte ich aber, wie die Schlange einst durch ihre Falschheit Eva täuschte, könntet auch ihr in euren Gedanken von der aufrichtigen und reinen Hingabe an Christus abkommen“ (2 Kor 11,2f).
Im 1. Brief an die Korinther (11.30.32) warnt Paulus zudem vor einer unwürdigen Teilnahme am eucharistischen Mahl, wodurch sich die Gläubigen das Gericht Gottes zuziehen: „Deswegen sind unter euch viele schwach und krank, und nicht wenige sind schon entschlafen“. Paulus spricht von einer „Zurechtweisung“ des Herrn, „damit wir nicht zusammen mit der Welt verdammt werden“.
Die Teilnahme an der Eucharistie, dem Allerheiligsten der Kirche, dient der Heiligung der Teilnehmer und so auch der Unterscheidung von der gefallenen „unheiligen Welt“. Die Welt kann den Heiligen Geist, der in seiner Epiklese (Herabrufung) die Schöpfungsgaben Brot und Wein heiligt und sie in den verklärten Leib und das Blut Christi verwandelt, nicht empfangen, „weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt … den Geist der Wahrheit“, sagt Jesus seinen Jüngern (Joh 14,17). Dieser Geist der Wahrheit und Heiligkeit überführt die Welt und deckt auf, „was Sünde, Gerechtigkeit und Gericht ist“, nämlich „dass der Herrscher dieser Welt gerichtet ist“ (Joh 16,8.11).
Mit dem „Herrscher dieser Welt“ (Joh 14,30) oder „Gott dieser Weltzeit“ (2 Kor 4,3) ist der Teufel gemeint, der schon als die „alte Schlange … die ganze Welt verführt“ hat (Offb 12,9; Gen 3). Deshalb geschieht die Heiligung auch als Rettung aus der „bösen Welt“ (Gal 1,4). Die heilige Taufe ist entsprechen auch ein „Exorzismus“ („Widersagst du dem Satan“) und die heilige Eucharistie bedeutet die Rückkehr ins verlorene „Paradies“: Allen, die mit Jesus im Glauben österlich über die Welt siegen, gibt Jesus „zu essen geben vom Baum des Lebens, der im Paradies Gottes steht“ (Offb 2,7).
Als der Gekreuzigte und Auferstandene ist Jesus der Sieger über Sünde, Tod und Teufel oder die „Welt“. So kann er die mit dem Flammenschwert (des Wortes Gottes) bewachte Paradiestür für den mitgekreuzigten reumütigen Schächer öffnen (Lk 23,43). In seiner vollkommenen Liebeshingabe ist er selbst die „Tür“ zum Schafstall, zur heiligen Kirche, zum Paradies mit dem Baum des ewigen Lebens (= Kreuz) und der Eucharistie als seiner heiligen Frucht. Die Feuertaufe des Geistes gibt dem tierähnlich gewordenen Menschen die verlorene Gottähnlichkeit, symbolisiert im weißen Taufkleid, zurück. So kommen die Getauften als Geladene durch die Tür in den Hochzeitssaal zur Feier der hochzeitlichen Liebe Gottes, die anderen bleiben draußen (Mt 22,11-14).
Heiligung und Vollendung
Christen können und sollen in der Kommunion teilhaben am ewigen Leben Gottes, weil sie im Liebesfeuer des Geistes in der Taufe (Lk 3,16) und in der Eucharistie als „brennendes Brot“ (Ephräm der Syrer) aus der Gottesferne in die Gottesnähe geführt worden sind (Eph 2,13): zur Nähe jenes Gottes, der „verzehrendes Feuer“ ist (Hebr 12,29; Dtn 4,24).
Schon Israel wird durch die Einrichtung des „siebten Tages“ (Sabbat) als Tag der Heiligung und des festlichen Gottesdienstes von der Welt der „sechs Tage“ – der Mensch wird mit den „Erdtieren“ am „sechsten Tag“ erschaffen – grundlegend unterschieden. Mit dem Opfergottesdienst am „siebten Tag“ nähert sich Israel Gott (hebr. korban = Opfern bedeutet Sich-nähern). Dem heiligen und vollkommenen Gott nahe zu kommen impliziert, auch selbst heilig und vollkommen zu werden (Lev 19,2; Mt 6,48), was Martin Luther aber umdeutet in ein simul iustus et peccator (zugleich gerecht und Sünder).
Der Thora-Gelehrte Friedrich Weinreb schreibt in seinem Hauptwerk Schöpfung im Wort (Zürich ³2012, S.349): „Was am siebten Tag zur Wiedervereinigung zusammenkommt, zeigt sich am achten Tag in Erfüllung.“ Wiedervereinigt werden Geist und Materie, unsichtbare und sichtbare Welt, Himmel und Erde, die durch den „Sündenfall“ am sechsten Tag in Widerspruch zueinander stehen. Der „achte Tag“ (Sonntag) ist der Tag der vollendeten „hochzeitlichen“ Vereinigung von Schöpfer und Schöpfung, die am „siebten Tag“ (Sabbat/Samstag) als „Verlobung“ vorbereitet wird.
Unterscheidung von heilig und profan
Das ‚Erfüllte‘ ist auch das ‚Gesunde‘, während das Kranke, Unreine, Unerfüllte, Profane, Alltägliche und Gewöhnliche hebräisch chol heißt, „das sich in der Vielheit ausgebreitet hat; ‚chol‘ heißt auch ‚Sand‘ [auf dem sich nicht das Haus der Kirche bauen lässt: Mt 7,26f]. Wenn man als Mensch ‚chol‘ ist, ist man entweiht; ‚chol‘ steht ‚kodesch‘, heilig, gegenüber. Es heißt in der Überlieferung, mache bei der Begegnung mit der Welt stets einen Unterschied zwischen ‚kodesch‘, heilig, und ‚chol‘, unrein, ‚profan‘; sei dir bewusst, dass dein Unterscheiden auf dem Weg durchs Leben darin besteht. Ein Kranker ist ‚chol‘, ist in die Vielheit zerbrochen. (…) Um einen Menschen zu heilen, bringe man ihn zuerst mit dem ‚Kern‘ in Berührung, lasse ihn daran genesen, indem man ihn lehrt, den Kern in sich aufzunehmen“ (Weinreb, Das Opfer in der Bibel, S. 246f).
Auch der eucharistische Christus wird in die Vielheit zerbrochen, dennoch bleibt er in allen Empfängern als heiliger Kern ganz und heilig und heilt so die ‚Vielen‘. „Empfangt, was ihr seid“, sagt Augustinus den Christusgläubigen mit Blick auf die heilige Eucharistie, „damit ihr werdet, was ihr empfangt: Leib Christi“. Der eucharistische Leib und der mystische Leib, die Kirche in der Kraft des Heiligen Geistes, gehören untrennbar zusammen. Deshalb ist die Eucharistiegemeinschaft immer an die Kirchengemeinschaft gebunden.
Wer katholisch kommuniziert, bekennt sich zur Communio: zur einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, die in der römisch-katholischen Kirche verwirklicht ist. Die unsichtbare Kirche des Ursprungs und des Himmels ist mit der sichtbaren Kirche auf Erden gerade in der Feier der heilige Eucharistie eins. Deshalb kann auch nur der fruchtbar teilnehmen und kommunizieren, der ihren Glauben teilt. Tut er dies aber, dann ist er kein evangelischer Christ mehr, für den die unsichtbare Kirche im Himmel gerade nicht mit der sichtbaren Kirche auf Erden sakramental zusammenfällt.
Luther zu Taufe und Abendmahl
Luther deutet im Sermon vom heiligen Sakrament der Taufe (1519) die Sintflut-Erzählung mit dem Neuen Testament typologisch in Bezug auf die christliche Taufe, ohne allerdings dabei die Achtzahl zu reflektieren. In der Arche, die die Kirchenväter als Symbol der Kirche verstehen, werden ja acht Personen gerettet: Noah, seine drei Söhne und ihre vier Frauen, was eine Anspielung auf den „achten Tag“ der Neuschöpfung ist. Das Taufgelübde versteht Luther so, „dass man alle Sünde vertreiben, sterben, dieses Leben hassen und heilig werden soll“. Alles Gewicht liegt bei ihm auf der anfänglichen Reinigung durch andauerndes Leiden und Sterben, denn: „Wer getauft wird, der wird zum Tode verurteilt. Der ganze Prozess der Erlösung bis zur mystischen Erleuchtung und Einigung in der Rückkehr zum göttlichen Ursprung kommt kaum noch in den Blick.
Auch die Rettung Israels aus dem „Sklavenhaus Ägypten“ als Symbol der gefallenen Welt und der befreiende Durchzug durch das Rote Meer deutet Luther typologisch auf die Taufe hin. Im Sermon von dem hochwürdigen Sakrament des heiligen wahren Leibes Christi (1519) schreibt er: „Die Kinder Israels waren durchs Rote Meer trockenen Fußes gegangen; darin wurde auf die Taufe hingewiesen. Ebenso gingen sie auch durch den Jordan; aber die Priester stunden mit der Bundeslade im Jordan, und das Wasser unterhalb von ihnen floss ab, das oberhalb von ihnen erhob sich wie ein Berg; darin ist dieses Sakrament angezeigt. (…) Wenn wir dann glauben, so vergehen die Wasser, die unterhalb von uns sind, d. h. die zeitlichen, sichtbaren Dinge tun uns nichts, sondern fliehen vor uns. Aber die Wasser, die oberhalb von uns sind, erheben sich hoch: das sind die grauenerregenden Stöße und Bilder, die uns im Sterben von jener Welt her erschrecken, als wollten sie uns überfallen. Wenn wir uns aber nicht daran kehren und mit einem festen Glauben daran vorübergehen, so kommen wir mir trockenen Füßen ohne Schaden ins ewige Leben. – So wissen wir, dass es zwei hauptsächliche Sakramente in der Kirche gibt: die Taufe und das Brot. Die Taufe führt uns in ein neues Leben auf Erden; das Brot leitet uns durch den Tod ins ewige Leben.“
Eucharistie als Sakrament der Liebe
Wie die Taufe in besonderer Weise das Sakrament des Glaubens und die Firmung das Sakrament der Hoffnung ist, so ist die Eucharistie das Sakrament der Liebe. Für Luther haben aber anders als in der katholischen Kirche Taufe und Glaube Vorrang vor Eucharistie und Liebe. Papst Benedikt XVI. erinnerte in seinem Apostolischen Schreiben Sakrament der Liebe – Sacramentum caritatis (2007, Nr. 13) an den heiligen Johannes Chrysostomus, demzufolge der Priester bei der Feier der Eucharistie „wie Elias, der Diener Gottes, den Heiligen Geist [als Feuer] herbeiruft, damit ‚wenn die Gnade Gottes auf das Opfer herabkommt, die Seelen aller durch sie entzündet werden‘“.
Und in seiner ersten Enzyklika Deus caritas est (2005) schrieb der Papst: „Der Geist ist nämlich die innere Kraft, die das Herz [der Gläubigen] mit dem Herzen Christi in Einklang bringt und sie bewegt, die Mitmenschen so zu lieben, wie er sie geliebt hat“ (Nr. 19). „Die Väter haben diesen unlöslichen Zusammenhang von Aufstieg und Abstieg, von gottsuchendem Eros und von weiterschenkender Agape auf vielfältige Weise in der Erzählung von der Jakobsleiter symbolisiert gesehen“ (Nr. 37). Symbol dieser Himmelsleiter aber war ihnen das Kreuz, das ja wie die Leiter Himmel und Erde, die unsichtbare Welt (der Engel) und die sichtbare Welt wieder verbindet (vgl. Joh 1,51).
Der dritte Erzvater Jakob sagt nach seinem Traum von der Engelsleiter: „Wie ehrfurchtgebietend ist doch dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels“ Gen 28,17) – ein Vers, der früher vielfach über Kirchenportalen stand. Die liebende Hingabe des Sohnes Gottes für seine Kirche am Kreuz (Eph 5,24) als „Ganzbrandopfer“ begründet – weil es Himmel und Erde im Blut (des Bundes) versöhnt (Kol 1,20) – alle Sakramentalität der Kirche. Jesu (Opfer-)Blut ist wie das Blut der Märtyrer, die „nach meiner Ehre und dem Heil der Seelen hungerten“, für Gott „ein Wohlgeruch“ (Caterina von Siena). Der „Wohlgeruch“, hebr. reach nichoach, und der „Geist“, hebr. ruach, gehören eng zusammen: „Der Duft des Räucheropfers ist die Gegenwart Gottes“ (Weinreb, Das Opfer in der Bibel, 298).
Die Hochzeit am Kreuz
Der Gegensatz zur sich opfernden Liebe Christi besteht in der ichbezogenen Eigenliebe. Sie verhindert, dass Gott und Mensch in „hochzeitlicher“ Hingabe und Liebe im (Ehe-)Bund ganz eins werden. Das aber ist gerade der Sinn der heiligen Eucharistie als Zeichen des Bundes und als „Hochzeitsmahl des Lammes“ (Offb 19,9). Benedikt XVI. schreibt: „Tatsächlich ist in der paulinischen Theologie die eheliche Liebe ein sakramentales Zeichen der Liebe Christi zu seiner Kirche – einer Liebe, die ihren Höhepunkt im Kreuz erreicht, das der Ausdruck seiner ‚Hochzeit‘ mit der Menschheit und zugleich der Ursprung und das Zentrum der Eucharistie ist“ (Sacramentum caritatis Nr. 27). In der Feier der Eucharistie als „Sakrament des Bräutigams und der Braut“ (ebd.) und „Lebensmitte“ der Kirche (12) wird „ein Vorgeschmack der eschatologischen Erfüllung gewahrt …, zu der jeder Mensch und die ganze Schöpfung unterwegs ist“ (30).
Und zum Zusammenhang zwischen den eucharistischen Gaben und der Schöpfung heißt es: „In Brot und Wein … wird die ganze Schöpfung von Christus, dem Erlöser, angenommen, um verwandelt und dem Vater dargeboten zu werden.“ Es geht um einen „Prozess der Verwandlung der Wirklichkeit … bis zu jenem Zustand, in dem Gott alles in allem sein wird“. „In der Beziehung zwischen der Eucharistie und dem Kosmos entdecken wir nämlich die Einheit des Planes Gottes und werden dazu geführt, die tiefe Verbindung zwischen der Schöpfung und der ‚neuen Schöpfung‘ zu begreifen, die in der Auferstehung Christi, des neuen Adam, ihren Anfang genommen hat“ (Nummern 47, 11 und 92). Die heilige Ehe ist so verstanden das Schöpfungssakrament schlechthin (vgl. Mt 19,5.8) und so der „Prototyp aller Sakramente des Neuen Bundes“ (Johannes Paul II.), gerade auch der kosmischen Eucharistie.
Die Ehe: weltlich Ding oder begnadete Natur?
Der Erzbischof von Berlin, Heiner Koch, hat in seinem Beitrag Unverbrüchliche Treue. Zur Theologie von Ehe und Familie (HerKorr 4/2018, 20-23) auf diesen Zusammenhang hingewiesen: „Da die gesamte Schöpfung ausgerichtet ist auf die Erlösungsordnung in Christus, ist auch ihre Geschlechterdifferenz in ihrem repräsentativen Grundzug zielgenau ausgerichtet auf den erlösenden Bund Gottes mit den Menschen. Die Schöpfungsordnung hat damit sakramentalen Charakter, weil sie im Sakrament der Ehe eingewoben ist in die Erlösungsordnung. Dieses Verwobensein lässt die Ehe Sakrament sein. Mann und Frau stellen im Sakrament Gottes unverbrüchliche Treue zu seinem Volk dar, repräsentieren in diesem Sakrament den unauflöslichen Bund zwischen Christus, dem Wort – repräsentiert seit Adam durch den Mann –, und der Antwort [im Glauben] des Volkes Gottes, der Kirche – repräsentiert seit Eva durch die Frau“ (S. 23).
Genauer müsste es heißen: durch Maria als „neue Eva“, denn die „alte Eva“ hat ja „der alten Schlange“ geglaubt (Gen 3; 2 Kor 11,3; Offb 12,9), war also nicht restlos („jungfräulich“) aufnahmewillig und antwortbereit für Gottes fruchtbares Samen-Wort (vgl. Mk 4,13-20). Demgegenüber ist für Luther die Ehe gerade kein Sakrament, sondern lediglich ein „äußerlich weltlich Ding“. Die Ehe, sagt der evangelische Theologie Ulrich H. J. Kortner, ist kein „sichtbares Zeichen des Zuspruchs des Heils“ und dient nicht „der Heilsvermittlung“, sondern steht „vielmehr unter dem eschatologischen Vorbehalt, zu jener Ordnung der Welt zu gehören, die mit dem Kommen des Reiches Gottes und Christi Wiederkunft vergeht (vgl. 1 Kor 7,25-38). Als weltliche Ordnung nach dem Sündenfall gilt sie nach reformatorischer Auffassung gleichermaßen für Nichtchristen wie für Christen“ (Ulrich H. J. Kortner, „Ein weltlich Ding“ Ehe nach evangelischem Verständnis, in: Theologisch-Praktische Quartalschrift 4/2015, 351-355, hier 352).
Während katholisches Denken Gnade und Natur zur begnadeten Natur oder erlösten Schöpfung verbindet (anschaulich in der Verehrung Marias als jungfräuliche Mutter), lässt reformatorisches Denken die gute und heile („sakramentale“) Schöpfung „im Anfang“ (als „Paradies“) mit der in Sünde und Tod gefallenen, gegenüber Gott verschlossenen und so unerlösten „Welt“ (vgl. Joh 1,5.10f) der Sünde zusammenfallen, trennt also Schöpfung und Erlösung als Neuschöpfung. Entsprechend haben (die meisten) protestantische Theologen und Kirchen auch kein grundsätzliches Problem, selbst gleichgeschlechtliche Paare im Sinn einer „Ehe für alle“ zu segnen (vgl. Koch, S. 22f) oder offen gleichgeschlechtlich lebende Pfarrerinnen und Pfarrer zu akzeptieren. Auch zivile Scheidung und Wiederheirat ist kein grundsätzliches Problem.
Wie aber das Verständnis der Ehe zwischen den beiden Konfessionen grundverschieden ist, so auch das Verständnis der Eucharistie im Sinn des „nexus mysteriorum“, der inneren Einheit aller Mysterien und Sakramente. Einen evangelischen Ehepartner zur katholischen Eucharistie zuzulassen (und einen wiederverheirateten katholischen Partner nicht) und von ihm einen „katholisch-sakramentalen“ Glauben zu verlangen, ohne dass er durch formelle Konversion in die katholische Kirche eingegliedert wird, führt letztlich zu einer Trennung von Eucharistie- und Kirchengemeinschaft und damit zu einer Protestantisierung des Verständnisses der Sakramente, der Gnade und der sakramentalen Kirche überhaupt. Die Kirchen sind sich zwar einig, dass sie ihre Einheit suchen, sie sind aber uneins darüber, worin diese Einheit überhaupt besteht. Solange aber die Einheit der Kirchen bloß als „versöhnte Verschiedenheit“ verstanden wird, sollte man eine Interkommunion auch im Einzelfall nicht befürworten.
Klaus W. Hälbig
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