Zum Bild: Das Bild Marias, gekrönt mit zwölf goldenen Sternen (Offb 12,1), bildet den weithin unbekannten religiösen Hintergrund der EU-Flagge – heiliger Schrein mit der Muttergottes im Santoario (Heiligtum) der heiligen Rosalia, der Stadtheiligen von Palermo, die durch ihre Fürsprache die Stadt von der Pest befreite, auf dem Monte Pelegrino.
Wofür Margret Thatcher vor vierzig Jahren geworben hat, wollte Theresa May in zweieinhalb Jahren abwickeln, jetzt ist sie grandios gescheitert: Brexit ohne Deal, zweites Referendum oder Neuwahlen? Alles scheint in diesen turbulenten Zeiten in Groß-Britannien möglich, auch dass der Termin der „Scheidung“ von der EU am 29. März 2019 verschoben wird.
Mit dem Ausscheiden der zweitstärksten Volkswirtschaft mit 66 Millionen Einwohnern, mit der erwarteten hohen Zunahme der populistischen Parteien bei den EU-Wahlen Ende Mai und der weiterhin ungelösten Fragen der Migration und der Überschuldung einiger EU-Südstaaten schliddert die Europäische Union immer tiefer in die Krise. Mit Groß-Britannien tritt nicht nur erstmals ein EU-Mitglied wieder aus, sondern auch das für die militärische Sicherheit Europas wichtigste Land, das zudem an Wirtschaftskraft die 19 kleinsten Länder der EU übertrifft. Das „Grundprinzip der Partnerschaft“ steht damit zur Debatte (Manfred Weber), und der europäische Integrationsprozess ist insgesamt in Frage gestellt. Schon denkt die AfD auch an einen „Drexit“, einen Austritt Deutschlands aus der EU, wenn diese sich nicht zu einem lockeren Staatenbund zurückentwickelt.
Unausweichlich ist damit die Frage nach der „Seele“ Europas aufgeworfen, nach dem, was sie in einer globalisierten Welt über die wirtschaftlich-politischen Notwendigkeiten und die Rechtsordnung hinaus innerlich zusammenhält. Welche Rolle kann die Kirche spielen und welche die Bibel als „Buch der Zukunft Europas“, wie der 2012 verstorbene Jesuitenkardinal Carlo Maria Martini (Mailand) sie einmal nannte?
Die Rolle der Kirche, Orden und Heiligen
Von großer Bedeutung für das Entstehen des „christlichen Abendlandes“ ist der Benediktinerorden. Papst Pius XII. erklärte den heiligen Benedikt von Nursia zum Vater Europas, Papst Paul VI. ernannte ihn zum Patron Europas. Die schmale Benediktusregel (Mitte 6. Jh.) auf der Grundlage der Heiligen Schrift, die unter Karl dem Großen zur allein gültigen Mönchsregel wurde, ist einer der grundlegenden Dokumente des Abendlandes. Dabei spielte unter Benediktinern und Benediktinerinnen die Frage der Nationalität nie eine Rolle. Zentral für den Orden, der sich mit seinen Klöstern in ganz Europa ausbreitete, war der ‚Frieden’ im eigenen Kloster und im jeweiligen Land, die pax benedictina.
In diesem Geist entstand am Übergang von der Spätantike zum Frühmittelalter mit der Vermischung der römischen und der germanische Kultur eine erste europäische, christlich imprägnierte Kultur. Als (zweiter) „Vater Europas“ gilt Karl der Große, König des Fränkischen Reichs, der am 1. Weihnachtstag 800 in Alt St. Peter in Rom als erster Herrscher seit der Antike die römische Kaiserwürde erlangte. Gekrönt wurde er von Papst Leo III., der ein Jahr zuvor in der Kaiserpfalz Paderborn die wechselseitige Unterstützung mit Karl ausgehandelt hatte. Der christliche Glaube wurde damit zum verbindenden Band zwischen den Völkern Europas (was er im weiterhin bestehenden Kaisertum von Byzanz ja schon war).
In Deutschland wurde der Glaube durch die Mission und Evangelisation von iro-schottischen und angelsächsischen Wanderbischöfen und Mönchen verbreitet: Kilian († um 689, begraben in Würzburg), der Benediktiner Winfried-Bonifatius (†754, begraben in Fulda), Wigbert († 747, begraben in Fritzlar), Lullus († 786, begraben in Hersfeld) und vielen anderen. Sie hatten ihrerseits große Vorläufer, etwa in dem Benediktiner Beda Venerabilis († 735), den Bonifatius „das Licht der Kirche, vom Heiligen Geist selbst entzündet“, nannte, oder in dem irischen Nationalheiligen Patrick (5. Jh.).
Die Benediktinerklöster vermittelten neben dem christlichen Glauben auch das Wissen der Antike. Cassiodor († 583) gründete 555 in Kalabrien ein Kloster zum Abschreiben der antiken Literatur, Beda war „Vater der Geschichtsschreibung Englands“, Anselm von Canterbury († 1109) verband intellektuelle Schärfe mit mystischer Innigkeit. Auf alle diesen „Riesen“ bauten die späteren Großen auf: die Dominikaner Albertus Magnus († 1280) und Thomas von Aquin († 1274), der Franziskaner Bonaventura († 1274) und zuvor die Benediktinerin Hildegard von Bingen (†1179), die Papst Benedikt XVI. 2012 zur universalen Kirchenlehrerin erhob.
Von Bernhard von Chartres († nach 1124) stammt das Wort: „Wir sind wie Zwerge, die auf den Schultern von Riesen sitzen, so dass wir weiter blicken können als sie; nicht, weil unser Blick schärfer ist, sondern weil wir zu riesenhafter Höhe angehoben wurden.“ Alle diese heiligen Kirchenmänner und -frauen (Birgitta von Schweden, Katharina von Siena und Edith Stein gehören neben dem hl. Benedikt und den Heiligen Kyrill und Methodius zu den „Patronen Europas“) haben auf ihre Weise an der einen (lateinischen) Kirche unter dem einen Papst und so auch an dem einen Europa gebaut, mit einer gemeinsamen Sprache (dem Latein) und einem gemeinsamen christlichen Glauben.
Reformation und Ansturm der Muslime
Das änderte sich mit dem Aufkommen der Reformation. Man kann sie durchaus als ein anti-europäisches Projekt bezeichnen: Der Augustinermönch Martin Luther bekämpfte den Papst in Rom als „Antichrist“ und spielte gegen die „Römer“ die deutsche („germanische“) Karte: die Nationalsprache (oder die Lokalsprache des Sächsischen) wurde zur Sprache der Bibel und der landeskirchlichen Liturgie, Mönchtum und Heiligenverehrung wurden abgeschafft, nicht zuletzt auch der für das Kirchenverständnis so grundlegende Marienkult. „Das Christentum allein mit Christus, aber ohne die Gottesmutter, das ist seinem Wesen nach eine andere Religion als die Orthodoxie“ (Sergej Bulgakow), auch als der Katholizismus.
Weil der katholische Kaiser Karl V. das Heilige Reich Römisch Reich (Deutscher Nation) gegen die vom Balkan her vorrückenden muslimischen Eroberer verteidigen musste (erste Wiener Türkenbelagerung 1529), konnte er sich nicht ausreichend mit der Causa Luther befassen. Das Ergebnis der „Reformation“ der Kirche war die Zerspaltung, ja Zersplitterung der Ecclesia, aber auch der Furor des Bildersturms mit der Zerstörung herrlichster Kunstschätze und hundert Jahre später der Dreißigjährige Krieg mit etwa sechs Millionen Opfern, ein Drittel der damaligen Bevölkerung in Mitteleuropa.
Karl Martell hatte 732 in der Schlacht bei Poitiers den Ansturm der muslimischen Araber und Berber erstmals gestoppt, die zuvor den Nahen Osten, Nordafrika und die ganze iberische Halbinsel erobert hatten. Aber 1054 war es zum „morgenländischen Schisma“ (aus politischen und sprachlichen, weniger aus theologischen Gründen) zwischen der Ostkirche und der römisch-katholischen Westkirche gekommen. So fiel 1453 Konstantinopel ohne westliche Unterstützung dem Osmanischen Reich in die Hände, das Byzantinische Reich fand damit sein Ende.
Weitere Eroberungszüge der Türken folgten, aber mit der Seeschlacht von Lepanto im Ionischen Meer 1571 konnten sich die christlichen Mittelmeermächte, organisiert unter Papst Pius V., erfolgreich behaupten. Von 1683 bis 1699 kam es vor der Kaiserstadt Wien zum „Großen Türkenkrieg“, dem letzten Vorstoß der Muslime in Mitteleuropa, der von einer vom Papst initiierten Heiligen Liga sowie vor allem in der Schlacht bei Zenta (Ungarn) unter dem Oberbefehl von Prinz Eugen von Savoyen zurückgeschlagen werden konnte.
Innere Zerrissenheit und Versöhnung
Das „christliche Abendland“ war so zwar nach außen gesichert; aber die innere Zerrissenheit zwischen den christlichen Konfessionen und die Auseinandersetzung in der Zeit der Aufklärung des 18. Jahrhunderts, dem „Zeitalter des Lichts“, zwischen Glaube und Vernunft ließ Europa nicht zur Ruhe kommen.
Auf die Napoleonischen Kriege folgte eine Phase der Restauration, aber auch der Expansion in die Neue Welt, nach Afrika und Asien, bis mit den beiden Weltkriegen im 20. Jahrhundert Europa wieder im Chaos versank. Der Wiederaufbau nach 1945 mit einer inzwischen über 70-jährigen Friedenszeit war im Rückblick betrachtet ein Wunder, das sich auch weit blickenden Politikern und katholischen Christen verdankte wie dem deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer, dem französischen Außenminister Robert Schuman und dem italienischen Premierminister Alcide de Gasperi.
Europa als völkerverbindendes Friedensprojekt wurde so auf einer christlich inspirierten Kultur der Versöhnung erbaut. Sie steht auf dem Grund christlicher Werte und der allgemeinen Menschenrechte wie der unantastbaren Würde jedes Menschen, der Solidarität und der caritativ-diakonischen Hilfe füreinander. Zudem schließt sie in ihrer Offenheit den respektvollen Dialog unterschiedlicher Kulturen und Religionen ein.
Europa als völkerverbindendes Friedensprojekt
Am 25. März 1957 wurde mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet, die mit dem völkerrechtlichen Vertrag von Maastricht (1992) mit Wirkung vom 1. November 1993 in die Europäische Union (EU) überführt wurde. Mit dem EU-Grundlagenvertrag von Lissabon (2007/2009) wurden die überstaatlichen Zuständigkeiten der EU ausgebaut und die demokratische Verankerung der politischen Entscheidungsprozesse auf Unionsebene verstärkt.
Das Vereinigte Königreich Groß-Britannien, das seinerseits eine Union im Kleinen ist (England, Schottland, Wales, Nordirland), war erst 1973 der EWG beigetreten, ohne auch selbst innerlich zum weiteren Integrationsprozess gehören zu wollen: Nicht nur, weil man noch dem verlorenen „Empire“ nachträumte, sondern weil man seit der von König Heinrich VIII. 1534 betriebenen Trennung der englischen Kirche von der römisch-katholischen Kirche und der Errichtung einer Anglikanischen Staatskirche mit dem König als Oberhaupt lieber eigene Wege in eigener Souveränität ging.
Besonders durch den ungeordneten Zustrom in den Jahren 2015 und 2016 von Hunderttausenden überwiegend muslimischen Flüchtlingen, Asylanten und Migranten vom Nahen Osten, Afghanistan und Afrika nach Mitteleuropa und vor allem nach Deutschland wollte man in London wieder selbst die Kontrolle über die eigenen Grenzen haben, aber auch über die Gesetzgebung, das Geld und die Fischerei. Mit dem Ausscheiden Groß-Britanniens schrumpft erstmals die EU, dann auf 27 europäische Staaten mit überseeischen (Kolonial-)Gebieten.
Ist christlich dasselbe wie sozial?
In der in den Turbulenzen von 2015/16 hoch kochenden Asyldebatte beklagte der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm einen menschenverachtenden Grundton, die jede Empathie mit den Menschen in Not vermissen lasse: „Europa verliert seine Seele“. Wie auch andere Bischöfe appellierte er an die EU-Staaten, etwa im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge weiter aufzunehmen. Durch Populisten und Extremisten verlören die freiheitlichen, sozialen, wirtschaftlichen und moralischen Errungenschaften Europas ihren Rückhalt in den Mitgliedsstaaten.
In der Europa-Erklärung des EKD-Rates (2016) hieß es: „Auch das Wachsen sozialer Ungleichheiten und Spannungen und die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich schaffen Enttäuschungen und gefährden den Zusammenhalt in Europa.“ Europa müsse „als Wertegemeinschaft deutlich erkennbar bleiben, seine sozialen Konturen schärfen und der Jugend eine Perspektive geben.“
Das Soziale und Humane wurde so weitgehend mit dem Christlichen identifiziert, von einer dezidiert „christlichen“ Seele Europas war keine Rede. Ebenso setzte man in der Diskussion um die Aufnahme von Migranten diese kurzerhand mit Flüchtlingen und die Flüchtlinge wiederum mit den „geringsten Brüdern“ Jesu aus dessen Endgerichtsrede (Mt 25) gleich, während dort doch die eigenen Brüder im Glauben gemeint sind und es ja die klassischen Vorzugsregeln gibt, die zum „Kern der katholischen Moraltheologie“ gehören und ohne die „das gesellschaftliche Leben zusammenbrechen“ würde (Eberhard Schockenhoff).
Musik als Völker verbindende Sprache
In der Ode „An die Freude“, die Friedrich Schiller 1785 gedichtet und Ludwig van Beethoven in seiner 9. Sinfonie (uraufgeführt 1824) vertont hat, heißt es, dass alle Menschen „Brüder“ werden, wo der „sanfte Flügel“ der Freude als „schöner Götterfunken“ weilt. Im Blick steht hier aber nicht die christliche Brüderlichkeit in Christus, sondern das Ideal der französischen Aufklärung (fraternité) und der Freimaurer.
Ein Freimaurer, der Schriftsteller, Politiker und Gründer der Paneuropabewegung, Nikolaus Graf von Coudenhove-Kalergi, hatte denn auch die Neunte schon 1955 als neue Europäische Hymne vorgeschlagen. Der Europarat sprach sich 1972 dafür aus, 1985 wurde das Hauptthema des letzten Satzes von der Europäischen Gemeinschaft als offizielle Europahymne angenommen. Es ist eines der meistgespielten Stücke der Welt, das auch weltweit im Original gesungen wird.
Musik als grenzüberschreitende Sprache kann in der Tat mehr als vieles andere Völker verbinden. In der ehemals deutschen Kolonie Tansania mit seinen 128 Kulturen wird die kulturübergreifende Gemeinschaft dadurch erreicht, dass (seit 1964) regelmäßig weit über tausend Chöre in der Tradition der lutherischen Gesangbuchfrömmigkeit zusammenkommen, um gemeinsam zu musizieren, zu tanzen und ihrer unbändigen Glaubens- und Lebensfreude Ausdruck zu verleihen (vgl. den Dokumentarfilm von Julia Irene Peters, Sing it loud – Luthers Erben in Tansania, 2017).
Europa hat eine breite musikalische Tradition und große Komponisten hervorgebracht, neben den Klassikern von europäischen Rang wie Moteverdi und Palestrina, Bach und Händel, Mozart und Beethoven, Haydn und Mendelssohn-Bartholdy auch in der jüngeren Moderne einen Benjamin Britten, Arvo Pärt, Morten Lauridsen oder John Rutter, um auch ein paar „Nordlichter“ zu nennen. Die christliche Religion ist eine singende und musizierende Religion. Das Singen von „Psalmen, Hymnen und Liedern“ wird im Neuen Testament auf die Eingebung des Heiligen Geistes zurückgeführt (Eph 5,19; Kol 3,16).
„Wer (gut) singt, betet doppelt“, heißt ein Augustinus zugeschriebenes Wort. „Wer singt, wird auferstehen“, hieß es im Mittelalter. Christus wurde von den Kirchenvätern als neuer Orpheus gesehen (zuvor schon im Judentum der Harfe spielende David), der durch sein österliches Kreuzmysterium die Kraft hat, die Toten wirklich aus dem Totenreich ins Reich der Lebenden zurückzuführen.
Europa besteht aus Menschen
Der erste nichteuropäische Papst Franziskus hat zum Abschluss des Kongresses „(Re)thinking Europe“ der EU-Bischofskommission COMECE im Vatikan (Okt. 2017) zu einem Neuaufbruch Europas aufgerufen, bei dem die Religionen eine wichtige Rolle zu spielen hätten. Notwendig sei eine Rückbesinnung auf die gemeinsamen Werte, mehr Offenheit für Zuwanderer und mehr Sorge um junge Menschen. Auftrag der Christen sei es, „Europa wieder eine Seele zu geben“ und daran zu erinnern, dass Europa „aus Menschen besteht“. Gegenüber den individualistischen Tendenzen müsse der Gemeinschaftssinn wieder entdeckt werden. Nach Ernst Jünger ist der Protestantismus mitverantwortlich für die „Verabsolutierung … des modernen Individuums“.
Der Papst wies zudem darauf hin, dass sich der Kontinent in „einer Zeit dramatischer Sterilität“ befindet: Zum einen werden in Europa viel zu wenig Kinder geboren – und zu viele würden „um das Recht des Geborenwerdens gebracht“; zum anderen zeige die Politik sich als unfähig, „den Jungen die materiellen und kulturellen Mittel zu geben, um die Zukunft anzugehen“. In der Tat: Europa altert! Frankreich hatte 2016 noch eine Geburtenrate von 1,92 Kindern pro Frau im gebärfähigen Alter, Deutschland nur von 1,6 (jahrelang unter 1,4), Italien und Spanien von 1,34. Ohne Kinder (und mit vielen Abtreibungen) gibt es keine Zukunft.
Die Demographie ist so eine Schicksalsfrage für Europa. Wer keine eigenen Kinder hat, bekommt fremde, denn ein Vakuum bleibt nicht bestehen. Die Millionen von Muslime hierzulande und in der EU sind wegen ihres Glaubens, der die menschenverachtende Scharia über die allgemeinen Menschenrechte stellt, insbesondere die Religionsfreiheit (die selbst intensiv in Anspruch genommen wird), nur bedingt integrationsfähig. Eine Religion, die Apostasie oder Konversion oder die „Beleidigung“ des „Propheten“ mit dem Tod bestraft, kompromittiert sich selbst und disqualifiziert sich zur Unreligion, die fundamental die Menschenwürde verletzt. In keinem islamisch geprägten Land wird echte Religionsfreiheit gewährt mit dem Recht auf Abkehr vom Islam. Im Islam hat weder der Mensch von Natur aus Menschenrechte, noch gibt es Naturgesetze, weil alles sich Allah „unterwerfen“ (= Islam) muss.
Nach dem renommierten Islamwissenschaftler Tilman Nagel ist auch der „Islamismus“ keine Fehlentwicklung innerhalb des Islam, sondern eine legitime „Verteidigung“ des islamischen Glaubens durch „Taten“ (Waffen): Auf Gewalt verzichtet der Islam so wenig (Sur 47,4) wie auf die „Islamisierung der Welt als Staatszweck; die oft angeführte Sure 2, Vers 256 („Es gibt keinen Zwang in der Religion“) bedeutet Nagel zufolge eine unmissverständliche Aufforderung an die „Ungläubigen“), sich zum Islam zu bekehren (Was ist der Islam? Grundzüge einer Weltreligion, Berlin 2018). „Ungläubigen“ sind in den Augen der Muslime auch Christen und Juden. Zum von eingewanderten Muslimen mitgebrachten Antisemitismus sagte die Präsidentin der israelitischen Kultusgemeinde München, Charlotte Knobloch: „Deutschland muss klar machen, dass, wer dieses Feindbild pflegen will, nicht in Deutschland leben kann.“
Da in vielen Schulen bis zu 90 Prozent und mehr der Kinder einen muslimischen Migrationshintergrund haben, werden auch die bisherigen christlichen oder freiheitlichen Werte gegen die muslimischen getauscht: Mädchen werden verschleiert und nehmen nicht am Schwimmunterricht teil, das Kantinenessen muss „halal“ (erlaubt) sein, Lehrerinnen erhalten von männlichen Eltern keinen Handschlag usw. Nach einem neuen Urteil des europäischen Gerichtshofs kann der Staat „einen juristischen Rahmen schaffen“, der die Durchsetzung von Scharia-Vorschriften zulässt, während der Gerichtshof bisher erklärt hatte, die Scharia sei „unvereinbar mit den Werten der Demokratie und den Menschenrechten“. Michel Houellebecqs Dystopie scheint nicht mehr allzu fern.
Papst kritisiert „laizistisches Vorurteil“
Wenn Papst Franziskus kritisiert, dass „immer noch ein gewisses laizistisches Vorurteil verbreitet“ sei, das im religiösen Bekenntnis eine Bedrohung sieht, so ist dieses „Vorurteil“ im Hinblick auf den politischen Islam - einen unpoltischen gibt es nicht, weil der Islam nicht zwischen Religion und Staat trennt - allerdings nur allzu berechtigt. Ohne Anerkennung der allgemeinen Menschenrechte und insbesondere der Religionsfreiheit gehört die islamische Religion nicht zu Europa als Wertegemeinschaft.
Natürlich brauch es „angesichts fehlender Wurzeln und Perspektiven“ eine ganzheitliche Bildung für Jugendliche: Die Staaten müssen die Bedingungen für ein „gesundes Unternehmertum und entsprechende Beschäftigungsniveaus“ schaffen. Nicht minder wichtig ist, dass Christen eine eigene Vision für den Kontinent entwickeln. Denn die europäischen Kulturen wurden durch keine Institution so geprägt wie durch die universal ausgerichtete katholische Kirche und insbesondere das Papsttum.
Pius XII. entwickelte schon drei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs den Gedanken einer „Europäischen Union“. Die Wahl von Johannes Paul II. 1978 dynamisierte die Ostpolitik, was den Grundstein für den Wandel im Kalten Krieg und letztlich für den Mauerfall legte. Europa, so der Papst aus Polen, reicht von den Azoren bis zum Ural, auch Osteuropa mit der orthodoxen Kirche gehört dazu. Nicht nur die fortschreitende Säkularisierung in Europa und die Erosion des christlichen Ehe- und Familienbildes wurde von ihm kritisiert, sondern auch, dass kurz vor seinem Tod (2005) bei der Neuformulierung der europäischen Verfassung jeder Bezug auf die christlichen Wurzeln und das christliche Erbe des Kontinents vermieden wurde.
Hoffnung auf der Grundlage der Bibel
Wenn inzwischen selbst ehemals katholische Länder wie Spanien, Irland und Polen vom Sog des Säkularismus erfasst sind, dann erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass auf längere Sicht das christliche Wertefundament Europas nicht mehr zu halten sein wird. Es genügt deshalb nicht, sich nur auf die Werte zurückzubesinnen. Vielmehr ist „radikal“ die tragende Wurzel des Ganzen in den Blick zu nehmen, nämlich die Heilige Schrift der Juden und Christen, aus der alles Christliche erwachsen ist, nicht zuletzt die christliche Hoffnung auf Vollendung der Schöpfung in der (schon jetzt im Geist antizipierten) Neuschöpfung.
Erst so wird nämlich alles Poltische befreit vom Druck, das letzte Glück schon im Diesseits hier und jetzt ganz realisieren zu müssen. Politik kann sich mit dem Vorletzten und deshalb mit Kompromissen begnügen und das letzte Heil dem Jenseits der Religion überlassen. Viele europäische Staaten tragen das Hoffnungszeichen des Kreuzes im Banner ihrer Fahnen, die nordeuropäischen Staaten ebenso wie die Schweiz oder Portugal, das die fünf Wundmale des Gekreuzigten (in der Bundesstruktur 1 = Herzwunde zu 4 = Wundmale an Händen und Füßen) zeigt, noch deutlicher die Fahne von Georgien ganz im Südosten des Kontinents. Schottland hat ein Andreas-Kreuz im Wappen, weil die entscheidende Schlacht von Bannockburn am 23. und 24. Juni 1314 im Unabhängigkeitskrieg gegen England mit der Hilfe einer Andreas-Reliquie, so der Glaube, gewonnen werden konnte.
Die EU-Flagge und die Rolle Marias
Die EU-Fahne selbst ist nicht minder ein religiöses Hoffnungszeichen. Denn die zwölf goldenen (gelben) fünfzackigen Sterne auf azurblauem Hintergrund haben ihr Vorbild in den Zwölf Sternen, mit denen das Haupt der Maria-Ekklesia als Verkörperung des alt- und neutestamentlichen Bundesvolkes gekrönt ist (Off 12,1). 1956 schenkte der Europarat dem Straßburger Münster ein Chorfenster als Ersatz für das im Krieg zerstörte Fenster der Apsis mit einer Darstellung der thronenden Jungfrau Maria mit ausgebreiteten Armen und dem Jesuskind mit Lilie auf ihrem Schoß, wie sie ehemals die Kirchenfahne der Stadt Straßburg zierte. Im Scheitel des Fensters – geschaffen vom berühmten Glasmaler Max Ingrand – ist der Sternenkranz analog zur Europaflagge zu sehen.
Die Symbolfindung der EU hat eine etwas verwickelte Geschichte – und sie stößt nicht überall auf Gegenliebe. Der Chef der Linkspopulisten von La France Insoumise (LFI) sagte bei der Nationalversammlung im Juni 2017: „Hier tagt die französische Republik und nicht die Jungfrau Maria.“ Damit spielte er auf den Straßburger Maler Arsène Heitz an, der sich als Erfinder der Europafahne sieht: In einem Interview äußerte er, der Heiligenschein auf Marienbildern habe ihn zu dem Sternenkranz inspiriert.
Heitz war damals Mitarbeiter im Postdienst des Europarats, gegründet am 5. Mai 1949 in London zur Förderung der Menschenrechte und der europäischen Kultur. Nach einer anderen Version hatte die Idee dazu der Belgier jüdischer Abstammung, Paul Lévi, Leiter der Kulturabteilung des Europarats. Angesichts der Juden-Vernichtung der Nazis auch in Belgien hatte er in einem Gelübde versprochen, zum katholischen Glauben zu konvertieren, wenn er die Gräuel unversehrt übersteht. In der „Welt“ vom 26. August 1998 hieß es unter der Überschrift „Der Sternenkranz ist die Folge eines Gelübdes“:
„Eines Tages kam [Paul] Lévi bei einem Spaziergang an einer Statue der Muttergottes mit dem Sternenkranz vorbei. Durch die Sonne beschienen, leuchteten die goldenen Sterne wunderschön vor dem strahlend blauen Himmel. Lévi suchte daraufhin Graf Benevenuti, ein venezianischer Christdemokrat und damaliger Generalsekretär des Europarats, auf und schlug ihm vor, zwölf goldene Sterne auf blauem Grund als Motiv für die Europawahl vorzuschlagen. Benevenuti war begeistert, und wenig später wurde der Vorschlag allgemein akzeptiert.“
Ahnungslose Zustimmung zum Mariensymbol
Fest steht: Der Europarat hatte bei seiner Suche nach einem geeigneten Symbol für das zusammenwachsende Europa zunächst unter mehr als 200 Vorschlägen auszuwählen. Schließlich einigte man sich auf 15 Sterne – die damalige Zahl der Mitglieder einschließlich des Saarlands, doch das wurde von Deutschland (wegen Anerkennung des Saarlandes als eigener Staat) abgelehnt. Beschlossen wurde die heutige Flagge und die heraldische Beschreibung dann bei der Sitzung am 8. Dezember 1955 – sie endete einen Tag früher als geplant und damit ausgerechnet am Hochfest der „ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter Maria“ (Immaculata conceptio), was auch mit dem Zertreten des Kopfs der Paradiesschlange als „erstem Evangelium“ zu tun hat (Gen 3,15; Offb 12,9). Die amtliche Erläuterung vom 9. Dezember 1955 lautet:
„Gegen den blauen Himmel der westlichen Welt stellen die Sterne die Völker Europas in einem Kreis, dem Zeichen der Einheit, dar. Die Zahl der Sterne ist unveränderlich auf zwölf festgesetzt, diese Zahl versinnbildlicht die Vollkommenheit und die Vollständigkeit … Wie die zwölf Zeichen des Tierkreises das gesamte Universum verkörpern, so stellen die zwölf goldenen Sterne alle Völker Europas dar, auch diejenigen, welche an dem Aufbau Europas in Einheit und Frieden noch nicht teilnehmen können.“
In einem Artikel in der „Weltwoche“ vom 17. Januar 1969 erklärte wiederum der schon erwähnte Coudenhove-Kalergi: „... Natürlich durfte niemand wissen, dass die künftige Fahne Europas religiösen Charakter tragen sollte. Sie handelten heimlich und glaubten, damit Europa zu dienen und zugleich ihrer Religion ... Alle anwesenden Protestanten, Juden, Mohammedaner, Atheisten, Sozialisten und Liberalen hatten ahnungslos für das Mariensymbol gestimmt. Sogar der Vertreter der türkischen Regierung, der sich so energisch gegen das Symbol des Kreuzes gewandt hatte“ (den Hinweis verdanke ich Thomas Gutknecht).
Europa als Hoffnungszeichen für die Welt
Das himmlische Jerusalem als Braut des „Lammes Gottes“ ist auf der Zwölfzahl aufgebaut (Offb 21,9-21). Die Zwölf (3 x 4) versinnbildet wie die Sieben (3 + 4) ein vorläufige Einheit oder „Verlobung“ der zwei Prinzipien Geist (3) und Materie (4), während die himmlisch-vollkommene Einheit als „Hochzeit“ auf den Zahlen 8 („achter Tag“) und 13 (mit der einen Mitte) beruht (vgl. 13 Uhr = 1 Uhr).
Nach den Erschütterungen über den moralischen und religiösen Absturz im (atheistischen) Wahn und Judenhass der Nazi-Barberei wurde mit der Gründung der europäischen Institutionen ein neuer Anfang gemacht. Ganz Europa wurde damit auch für viele nicht-europäische Völker und Menschen, ja für die ganze Welt zum Ort und Zeichen der Hoffnung auf Einheit der Völker in Freiheit und Gerechtigkeit, Frieden und Harmonie. Das Zeichen der apokalyptischen Frau, die schwanger, also guter Hoffnung ist, kann als das biblisches Bild der Hoffnung verstanden werden, das über die natürliche Hoffnung (einer natürlichen Schwangerschaft) hinausgeht. Nur wenn Europa auch seine christliche Seele behält oder neu entdeckt, wie sie in der glücklichen Findung der EU-Flagge mit der frei gelassenen Mitte zum Ausdruck kommt, kann es in den kommenden Krisen bestehen.
Klaus W. Hälbig
Christliche Stimmen und Literatur zu Europa unter www.hildegard-akademie.de
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Elfie Horak (Dienstag, 22 Januar 2019 09:10)
Heute Mittag haben wir in kleinem Kreis über den Brexit diskutiert, und es kam die Meinung auf, dass diejenigen, die für den Brexit gestimmt haben etwas anderes meinen, als der Brexit auch an wirtschaftlichen Konsequenzen bedeutet.
Der Unmut nicht nur der Briten über die EU könnte zu einem nicht unwesentlichen Teil auch daher rühren, dass Menschen genau das spüren, was Papst Franziskus angesprochen hat, wenn er fordert: "Europa wieder eine Seele zu geben und daran zu erinnern, dass Europa aus Menschen besteht.“
Diese Seele Europas kann sich nur aus „Teilseelen“ der einzelnen Nationen zusammensetzen und die haben aus der Wahrnehmung der Bevölkerung durch die EU an Kraft verloren. Die Seele eines Landes speist sich aus der Sprache, aus der Landschaft, aus dem Klima und aus dem Charakter der Menschen und der Traditionen, die diese prägenden Elemente widerspiegeln.
Ich habe mir einen Grund erzählen lassen, weswegen bayerische Bauern mit der EU über Kreuz sind: Bald wird es keine typischen Almhütten mehr geben. Wenn die alte Sennerin stirbt, bekommt eine neue Sennerin nur dann eine Konzession, wenn sie auf der Almhütte EU Auflagen erfüllt. Gekachelte Wände in bestimmter Din Höhe und spezielle Din gerechte Gerätschaften für die Butter und Käse-Erzeugung. Das kann sich keine Sennerin leisten und ist sicher auch nicht das, was ein Wanderer im Gebirge sucht. Doch die EU schreibt es vor. Genauso durfte unser Nachbar in Bayern an uns legal keine Milch und Fleisch verkaufen, weil auch er die EU Richtlinien zum Verkauf an Privatpersonen nicht erfüllte. Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es in England nicht anders ist, nur dass aufgrund der Inselstellung das Recht auf eine größere Eigenständigkeit abgeleitet werden kann und somit noch weniger Verständnis für gleichmachende EU Regeln angenommen werden kann.
Hier greift die EU in uralte Gepflogenheiten und Traditionen ein und tötet damit ein Stück der Seele eines Landes. Wenn jedes Land seine Seele verliert, dann verliert die EU an Lebenskraft - etwa so, als wenn man alle Organe aus einem Organismus heraus operiert, oder genauso schlimm, als wenn man die Zellen eines jeden Organs anweist, gleiche Aufgaben zu übernehmen, in der Hoffnung, dass nun ein harmonisches Ganzes aufblühen kann. Das wird sich als Trugschluss erweisen. Der Organismus wird sterben.
Aus meiner Sicht wollen und brauchen es die Menschen, in ihren Bräuchen und Traditionen, ihre Wurzeln zu spüren. Nicht nur weil die Verwurzelung Sicherheit gibt, sondern auch weil die Verbindung mit unseren Wurzeln die magnetische Kraft der göttlichen Ordnung im Menschen stärkt, die ihm hinsichtlich was ist gut und was ist schlecht einen Kompass gibt, nach dem er sich richten kann.