Drewermann: Verkannter Prophet unserer Zeit?

 

Die Karriere des theologischen Starautors Eugen Drewermann, der (am 20. Juni) 80 Jahre alt wurde, begann vor 40 Jahren mit der Veröffentlichung seiner 2000 Seiten umfassenden dreibändigen Dissertation (und Habilitation) „Strukturen des Bösen“. Darin versucht er, den biblischen Mythos von Paradies und Sündenfall mit den Mitteln der Psycho- und Traumanalyse (Freud, Jung) sowie der philosophischen Existenzanalyse (Kierkegaard, Sartre) zu erhellen. Damals wurden die Weichen (falsch) gestellt.

 

Seitdem verfasste der Paderborner Privatdozent und Priester, dem Anfang der 90er Jahre Lehrerlaubnis und Priesteramt entzogen wurden und der vor 15 Jahren (im Alter von 65) aus der katholischen Kirche austrat, Buch um Buch – mittlerweile über 80, teils mehrbändige voluminöse Werke. Seine Vorträge füllten die größten Säle mit gebannt zuhörenden Anhängern (vor allem Anhängerinnen). Während er für die einen ein moderner „Ketzer“ war, ein Fundamentalkritiker von Bibelexegese und Theologie, Kirche und (kapitalistischer) Gesellschaft samt ihren Institutionen, war er für andere ein „von der Kirche verkannter Prophet unserer Zeit“, so für den Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer (Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, 2018).

 

„Ich könnte ohne Jesus nicht leben“ – aber ohne Kirche

Wilmer zufolge könne der Glaube an die „heilige Kirche“ in Zukunft nur noch dann redlich bekannt werden, wenn man mitbekenne, dass diese Kirche „auch eine sündige Kirche“ sei Bisher hieß es, in der Kirche gebe es die Einzelnen als Sünder. Aber die Kirche an sich sei rein und makellos: „Davon müssen wir uns verabschieden.“ Denn es gebe auch „Strukturen des Bösen“ in der Kirche als Gemeinschaft (müsste demnach das Credo unbenannt werden: Ich glaube die eine, heilige und sündige…Kirche?). Um das Böse in der Kirche einzudämmen, bräuchte es eine wirksame Kontrolle der Macht in der Kirche: „Wir brauchen Gewaltenteilung.“ Drewermanns Werk „Strukturen des Bösen“ sei aus heutiger Sicht ebenso prophetisch gewesen wie sein Buch „Kleriker. Psychogramm eines Ideals“ (1989).

Auf die Frage „Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zum christlichen Glauben und zur Kirche?“ antwortete Drewermann im Interview mit der evangelischen Nachrichtenagentur (epd) zum 80. Geburtstag: „Ich könnte ohne Jesus nicht leben. Beim Lesen der Zeitung morgens hilft mir gegenüber der Verzweiflung, die jeden Tag zwischen den Zeilen steht, nichts anderes als zu glauben, dass der Mann aus Nazareth recht hat: dass es keinen Weg zum Frieden gibt, sondern dass der Frieden der Weg ist.“

Die Kirche, worauf die Frage ja auch zielte, kommt in der Antwort nicht vor, das heißt, sie hat für ihn und seinen ‚Jesus-Glauben’ schlicht keine Relevanz mehr. Eine selektive Sicht des Jesus der Evangelien (die ja von der alten Kirche stammen) hilft ihm, gegen die alltägliche „Verzweiflung“ angesichts des Zustands der Welt (und der Kirche) für den „Frieden“ zu kämpfen.

 

Gottes Frieden als Rückkehr ins verlorene Paradies

Im Evangelium gibt der auferstandene Jesus seinen Jüngern und damit der österlich im Heiligen Geist der Sündenvergebung lebenden Kirche seinen Osterfrieden: „Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch; nicht einen Frieden, wie die Welt ihn gibt, gebe ich euch“ (Joh 14,27; vgl. 20,19.22f). Frieden (hebr. schalom, 300-30-40 = 370) ist nach dem Judaisten Gabriel Strenger „ein Wort, das im Judentum ebenfalls als Gottesname gilt“ (Die Kunst des Betens, 61).

Wird beim Gottesnamen JHWH der vierte Buchstabe (das zweite He), der für die äußere Erscheinungswelt steht, durch die Buchstaben Schin-Ajin (300-70 = 370) ersetzt, so entsteht der Name Jehoschua (lat. Jesus). Friedrich Weinreb schreibt zur Opferung bzw. „Bindung“ (hebr. Akedah) Isaaks, des ‚geliebten Sohnes’, durch seinen Vater Abraham auf dem Berg Mori-jah (= Jahwe ist mein Lehrer) im Alter von 37 Jahren (Isaaks Mutter bekommt ihn mit 90 und stirbt mit 127: Gen 23,1): „Als Isaak sie erlebt, ist er siebenunddreißig Jahre alt. Aus dreimal Siebenunddreißig wird die Eins, die Alef, 1-30-80, deren Zahlenwert ebenfalls Hundertelf ist. In der Siebenunddreißig drückt sich eine Erfüllung aus. Jehoschua, 10-5-6-300-70, beginnt mit 10-5-6, den ersten drei Buchstaben des Tetragramms, worauf die Dreihundertsiebzig folgt… Jehoschua gehört zum achten Tag, und Jeruschalem ist der Ort, den man am Ende erreicht“ (Das Opfer in der Bibel, 234f). Die Zahl 37 übersteigt die Zahl 36, die Summe der ersten 36 Zahlen ergibt 666: Symbolzahl der bloßen Diesseitigkeit (6. Tag) und der transzendenzlosen Körperwelt (sechs, lat. sex).

Jeru-salem bedeutet ‚Sehen des Friedens’: „Das Auge ist beim Menschen tatsächlich Jerusalem und der Tempel“ (621). Vom Vater kommt das Weiße im Auge, von der Mutter das Schwarze: „Man sieht mittels der Frauenseite. Es ist die Mutter, also auch die Erde, die das Sehen ermöglicht“ (621). Das Dunkle umhüllt die Pupille, hebr. galgal (3-30-3-30), eigentlich ‚Rad’, ‚Form’: „Mit der ‚galgal’ (wird) das Bild im Auge geformt.“ Im Auge drückt sich „das ganze Weltall“ aus (ebd. und 623). Galgal ist auch das kosmische „Räderwerk“ des Thronwagens Gottes aus der Ezechielvision (Ez 10,13) als Grundlage der jüdischen Merkaba-Mystik. Für Götzendienst allerdings „muss das Auge geschlossen sein. Geöffnet sein darf es nur dafür, was als ‚korban’ gebracht werden kann.“

Hebr. korban, Opfer, bedeutet das Hinaufbringen (griech. ana-phora) des Körpers zu Gott. Darin besteht der Sinn der Bindung „der Vier an die Eins“ auf dem Mori-jah: der vier Gliedmaße des Körpers und damit der Welt an die Eins Gottes, worin sie ihre Einheit und ihren Frieden findet. Auch das Paradies zeigt in den Zahlen diese Bundesstruktur 1–4: Ein Strom und vier Flüsse (Gen 2,10), ebenso der Name Adam, hebr. adm = 1-4-40. Die beiden Bäume in der Mitte des Gartens, der Baum des Lebens (Zahlenwert der Buchstaben in der Summe 233) und der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse (Zahlenwert 932) hat ebenfalls diese Struktur (4 x 233 ist 932).

 

Wiederherstellung des im Sündenfall gebrochenen Bundes

Der Sündenfall ist deshalb zu verstehen als Bruch des Bundes mit Gott: A-dam verliert den Bezug zur Eins (= Aleph) und wird zu „dam“ = Blut (die Körperseele, hebr. Nephesch, ist die Blutseele), das heißt: Der Mensch im Bild und Gleichnis Gottes (hebr. dome = gleichen) verliert seine Gottähnlichkeit (= Einheit) und wird tierähnlich und damit sterblich (= Vielheit).

In der Bindung Isaaks auf dem hohen Berg wird der im Sündenfall Adams gebrochene Bund wieder hergestellt. Zeichen dieses Bundes mit Abraham ist die „Beschneidung“ am „achten Tag“, zuerst bei Isaak (Gen 21,4). „Jizchak (Isaak) ist der erste, der am 8. Tag die milah [Beschneidung] erhält. Er ist der vom 8. Tag. Abrahams Glaube durchbricht das, was sonst die Sicht auf das Ewige verdeckt. Diese neue Sicht gibt dem Menschen, wie Gott ihn gedacht hat, die Beziehung zum Ewigen zurück“ (Weinreb, Das jüdische Passahmahl, 245). Zum Bund schreibt Weinreb:

„’Brith’, 2-200-10-400, ‚Bund’ oder ‚Verbindung’, hat mit ‚Bereschith’ [Gen 1,1: im Anfang] zu tun, woraus eben auch ‚brith’ entsteht. Denn dieser Bund entsteht eigentlich erst durch den Körper; ohne ihn gäbe es keinen Bund. Der Körper kehrt erst durch die ‚mila’ [Beschneidung] zurück. Und darum ist das ‚korban’ [Opfer] im Grunde nichts anderes als die ‚mila’. Es besteht darin, dass der Körper zu Gott gebracht wird, wodurch er zum Bund wird, zur Verbindung, zur Brücke zwischen dieser und der anderen Welt. Durch das ‚korban’ kommt der Mensch zu Gott“ (Das Opfer in der Bibel, 727). Der Körper wiederum hängt eng mit dem Volk zusammen: „Das Wort für ‚Körper’ und für ‚Volk’ wird [im Hebräischen] gleich geschrieben, wenn auch verschieden ausgesprochen. Körper, gwi, Volk, goi; aber beide mit den Buchstaben Gimmel, Waw, Jod geschrieben. Das Wort ist Gottes Wort, und wenn so etwas erscheint, dann gehört es zu Gottes Ordnung“ (Passahmahl, 28).

Zur Bedeutung der Zahlen 7 und 8 bemerkt der Thora-Gelehrte: „Der 7. Tag hat seine Vollendung in dem großen Sabbath, eigentlich in einem achten Wochentag. Aber dann müsste ein neuer Himmel und eine neue Erde da sein“ (Passahmahl, 244). Am Ende der Thora, dem Buch des Bundes Gottes mit Israel in den fünf Büchern Mose (1–4), erscheint als Nachfolger des Mose Jehoschua (Josua), der „Sohn des Nun“ (Dtn 34,9).

Der Buchstabe Nun hat den Zahlenwert 50 (7 x 7 + 1) analog zu 8 und zu Pfingsten als „50. Tag“: Josua führt in das Gelobte Land (= 8. Tag) und damit zurück ins verlorene Paradies, indem er „die Umhüllung durchbricht“, das heißt das „Tierfell“ des Sündenfalls (Gen 3,21) oder den sterblichen Körper ablegt. So muss auch Mose seine Schuhe (aus Tier-Leder) ablegen bei der Begegnung mit Gott und seinem Namen im brennenden Dornbusch (Ex 3,5f).

 

Das biblische Paradies als Urbild des Gottesbundes der Liebe

Dasselbe wie mit Isaak auf dem Opferberg, dem späteren Tempelberg (2 Chr 3,1), geschieht mit Jesus als dem neuen Isaak (und neuen Josua/Jehoschua). Denn in seinem Opfer am Kreuz als neuem Baum des Lebens vergießt er das „Blut des Bundes … zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28); und in seiner Auferstehung bringt er den sterblichen Körper wieder hoch zur Einheit mit Gott und erschließt so neu das Paradies: „Heute noch“, verheißt der am Kreuz Erhöhte dem mitgekreuzigten reumütigen Schächer, „wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43).

Paulus schreibt den (auf Kreuz und Auferstehung Jesu hin) Getauften: „Bemüht euch, die Einheit des Geistes zu wahren durch den Frieden, der euch zusammenhält. Ein Geist und ein Leib, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist“ (Eph 4,3-6). Durch seine Kreuzeshingabe als himmlischer Bräutigam seiner geliebten, in der Taufe geheiligten makellosen Braut Kirche ist Jesus auch der neue Adam, der mit der Kirche als neuer Eva wie der Adam paradisus mit der Urmutter auch „ein Fleisch“ (Gen 2,14f) ist: „Dies ist ein tiefes Geheimnis; ich beziehe es auf Christus und die Kirche“ (Eph 5,25-32).

Die Erschließung des Paradiesfriedens durch das Kreuzesopfer des neuen Adam bedeutet die mystagogische Einfügung (Initiation) in die sakramentale Kirche als vom Heiligen Geist belebten „Leib“ Christi, als (neues) Bundesvolk des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, das als ganzes nicht mehr den im (eucharistischen) Blut Jesu geschlossenen neuen und ewigen Liebesbund mit Gott brechen kann. Deshalb ist die Kirche grundlegend heilig, was nicht ausschließt, dass in ihrem Schoß immer auch Sünder sind, natürlich auch unter den Amtsträgern. Das ist allerdings nichts neues, sondern war schon immer Gegenstand heftigster Kirchenkritik (besonders bei Mystikern, man lese dazu Hildegard von Bingen, Caterina von Siena und andere).

Kreuzesdarstellungen zeigen am Fuß des Kreuzbaumes nicht nur den Adamschädel, sondern auch die vier Paradiesflüsse für die vier Evangelien, die durch die Verkündigung in die Welt hinausfließen, um sie zu heiligen, mit der Gnade Gottes zu tränken und so neu in der Kirche fruchtbar werden zu lassen zum übernatürlichen Paradies der Heiligkeit und Gerechtigkeit.

Die Kirche besteht dabei vom ersten Gerechten Abel an: „Ekklesia ab Abel“ (Hebr 11). „Am Ende der Weltzeiten wird sie in Herrlichkeit vollendet werden. Dann werden, wie bei den heiligen Vätern zu lesen ist, alle Gerechten von Adam an, ‚von dem gerechten Abel bis zum letzten Erwählten’, in der allumfassenden Kirche beim Vater versammelt werden“ (Lumen gentium 2). Die Kirche ist für Augustinus der geschichtliche Träger der civitas Dei und damit der Gottesherrschaft (‚Reich Gottes’), aber dies in der Zeit als corpus permixtum, als Mischkörper aus Heiligen und Sündern (vgl. LG 8).

 

Die Schöpfung als sakramentale Gestalt und die Kirche als neue Schöpfung

Die biblische Schöpfung in sieben Tagen ist zu entschlüsseln als Geheimnis des Bundes von Gott und Welt – in eschatologischer Perspektive auf die letzte Vollendung hin. Die ersten drei Tage stehen den zweiten drei Tagen gegenüber wie Einheit und Vielheit und damit wie die zwei Bäume im Paradies: Auf die Erschaffung des einen „Lichts“ als Kampfansage an die „Finsternis“ am „Tag eins“ (Gen 1,2f) antwortet die Erschaffung der vielen „Lichter“ (Sonne, Mond und Sterne) am „vierten Tag“ (Gen 1,14-19). Am dritten Tag wird die trockene Erde mit den Pflanzen und Bäumen im Unterschied zum Wasser der Zeit erschaffen, am entsprechenden sechsten Tag entstehen die (Land-)Tiere der Erde und der aufrecht wie ein Baum stehende Mensch männlich-weiblich (Gen 1,26-28; vgl. Psalm 1).

Die zweimal drei Tage sind wie zwei Dreiecke, einmal mit der Spitze nach oben (3. Tag) und einmal nach unten (6. Tag) entsprechend dem Davidstern. Der 7. Tag oder Sabbat als Zielpunkt der wöchentlichen Zeit der Gottesverehrung ist der unsichtbare Mittelpunkt der ganzen Zeit-Architektur als Heiligtum oder Tempel. In allen Kulturen stellen die Tempelanlagen eine Kurzfassung (Abbreviatur) des Kosmos dar. Für Israels Ein-Gott-Glauben ist die Zusammenführung der Zweiheit der Gegensätze an dem einen „siebten Tag“ oder Sabbat entscheidend. Dieser 7. Tag unterscheidet sich von den anderen sechs Tagen dadurch, dass er keine polare, männlich-weibliche Entsprechung hat (vgl. Sonn-tag und Mond-tag; Dienstag, franz. Mardi = Marstag, und Freyatag, franz. vendredi = Venustag usw.).

Der Sabbat als Zeichen des Bundes bedeutet daher eine Annäherung an den einen Gott analog zur „Verlobung“ (rechtsverbindliche erste Stufe der Hochzeit); diese zielt aber letztlich auf die ewige „Hochzeit“ mit Gott am ewigen „achten Tag“ jenseits der Zeit beziehungsweise mit dem Messias als „König des achten Tages“: „Denn der achte Tag ist der Tag des Messias. Und der Messias kommt, weil der Mann die Frau wiedergefunden hat. Die Frau, die von weither kam, kehrte zurück und wurde mit dem Mann vereinigt“ (Weinreb, Schöpfung im Wort, 247 und 260).

Der ewige „achte Tag“ (der Auferstehung des Messias am Sonn-tag) symbolisiert daher die neue Schöpfung, an der alle Christus-Gläubigen mit der Taufe (in achteckigen Becken und Baptisterien), vorgebildet in der Beschneidung am „achten Tag“, Anteil erhalten: „Wenn also jemand in Christus [= Messias] ist, dann ist er eine neue Schöpfung“ (2 Kor 5,17). „In ihm habt ihr (in der Taufe) eine Beschneidung empfangen, die man nicht mit Händen vornimmt, nämlich die Beschneidung, die Christus [am Kreuz] gegeben hat. Wer sie empfängt, sagt sich los von seinem vergänglichen Körper“ (Kol 2,11).

Entsprechend versteht sich auch Paulus als Brautführer der sakramentalen Kirche, in deren Feier der Eucharistie, des Ein-Fleisch-und-Geist-seins mit ihrem Bräutigam Christus, der achte Tag oder die Vollendung der Schöpfung im Geist schon antizipiert wird: „Ich habe euch einem einzigen Man verlobt, um euch als reine Jungfrau zu Christus zu führen. Ich fürchte aber, wie die Schlange einst durch ihre Falschheit Eva täuschte, könntet auch ihr in euren Gedanken von der aufrichtigen und reinen Hingabe an Christus abkommen. Ihr nehmt es ja offenbar hin, wenn irgendeiner daherkommt und einen anderen Jesus verkündet, als wir verkündigt haben, wenn ihr einen anderen Geist empfangt, als ihr empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, als ihr angenommen habt“ (2 Kor 11,2-4).

 

Drewermann verkündet einen „anderen Jesus“ als die Kirche

Dass Eugen Drewermann, der mit der katholischen Kirche ja ‚nichts mehr am Hut hat’, einen „anderen Jesus“ verkündet als die Kirche, ist offensichtlich. Der Theologe versteht Schöpfung und Paradies nicht vom sakramentalen Gottesbund her und auch nicht auf den öffentlichen Gotteskult Israels beziehungsweise der Kirche hin ausgerichtet. Dass der letzte Sinn der Schöpfung nach der Bibel, aber auch nach der Weisheit der Völker der Kult der Anbetung ist, hat Joseph Ratzinger schon als Erzbischof von München und Freising herausgestellt:

„Letzten Endes haben dies alle Völker gewusst. In allen Kulturen laufen die Schöpfungsberichte darauf hinaus, dass die Welt da sei für den Kult, für die Verherrlichung Gottes. Diese Einheit der Kulturen in den tiefsten Fragen des Menschseins ist etwas sehr Kostbares. Mir wird im Gespräch mit den afrikanischen und asiatischen Bischöfen, besonders auch bei den Bischofssynoden, immer neu und oft auf überraschende Weise deutlich, wie in den großen Traditionen der Völker eine tiefe Einheit mit dem biblischen Glauben besteht. In ihnen ist ein Urwissen der Menschen verwahrt, das sich auch auf Christus hin öffnet. Unsere Gefahr in den technischen Zivilisationen besteht heute darin, dass wir uns von diesem Urwissen abgeschnitten haben; dass uns die Besserwisserei missverstandener Wissenschaftlichkeit hindert, die Weisung der Schöpfung zu hören. Es gibt ein gemeinsames Urwissen, das ein Wegweiser ist und das die großen Kulturen verbindet“ (Im Anfang schuf Gott, 28f).

Dieses Abschneiden von dem gemeinsamen Urwissen der Völker und Religionen erfolgte mit dem neuzeitlichen Fortschrittsglauben, der an die Stelle der eschatologischen Hoffnung auf Christi vollendende Wiederkunft als Bräutigam und sein Weltgericht getreten ist. In der Enzyklika „Spe salvi – Über die christliche Hoffnung“ (2007) stellte Benedikt XVI. fest: „In der Neuzeit verblasst der Gedanke an das Letzte Gericht“, der Glaube „ist vor allem auf das eigene Seelenheil ausgerichtet“ (42). Auch bei Drewermann verliert der Glaube seinen Bezug zur äußeren Schöpfung (Natur) und zur sakramentalen Kirche in der Welt, indem er ihn vor allem von den innerlichen Urbildern der Seele her versteht.

Entsprechend wird der Gerichtsgedanke bei ihm ausgeblendet, indem er lehrt, dem „Sünder“ (wie zum Beispiel auch dem Priester, der sich gegenüber Kindern und Jugendlichen sexuell vergangen hat) vor allem, wenn nicht sogar ausschließlich mit Verständnis und Güte, der „Sanftmut Jesu“, zu begegnen; denn auch schuldig gewordene Priester seien „Opfer“ (im Sinn von victime, nicht von sacrifice): „Psychoanalyse und Neurologie könnten zeigen, dass solche Verbrechen nicht in Freiheit verübt werden“, sondern durch einem tragischen „Durchbruch von verdrängten Trieben, die unbeherrschbar werden“ (vgl. katholisch.de, 3. Dez. 2019: Drewermann: Kirche muss Missbrauchstäter mit „Sanftmut Jesu“ begleiten).

 

Die Existenzangst als Ursache für Angst und Gewalt?

Schon bei Noah, der zehnten Generation nach Adam (10 ≈ 1), kommt Gottes Strafgericht über die Erde in Gestalt der alles Fleisch ertränkenden Sintflut (des Wasser der Zeit); denn die Erde war in „Gottes Augen verdorben, sie war voller Gewalttat. (…) Ich sehe, das Ende aller Wesen aus Fleisch ist da; denn durch sie ist die Erde voller Gewalttat“ (Gen 6,12f). Die Welt ist kaum vom Schöpfer „sehr gut“ (im sakramentalen Bund) geschaffen (Gen 1,31), da ist sie auch schon wieder wegen des Bundesbruchs des Menschen am Ende, so dass Gott mit Noah einen neunen Bund errichtet im Zeichen des Regenbogens (Gen 8).

Der Mensch wird männlich-weiblich am „Schöpfungswochenende“, dem „sechsten Tag“ (Freitagnachmittag), als letztes Geschöpf und achtes Schöpfungswerk erschaffen (Gen 1,26-28) – und noch in derselben Stunde fällt er durch die „Versuchung“ der sprechenden Schlange (Gen 3,1-7). Schlange, hebr. nachasch, ist in den Konsonanten dasselbe Wort wie Kupfer, hebr. neschocheth, nur mit der Endung Taw. In der Zuordnung der Metalle zu den sieben ‚Planeten’ einschließlich Sonne und Mond, die im goldenen siebenarmigen Leuchter im Tempel symbolisiert sind, steht das Kupfer für den Planeten Venus als Macht des irdischen Eros und der sexuellen Begierde oder für den sechsten Tag: „Der sechste Tag, der Freitag, der Tag der Venus, ist der Tag, an dem das Kupfer verführt“, nämlich zum Sündenfall (Weinreb, Der Weg durch den Tempel, 389).

Die Versuchung durch die Schlange geschieht daher wesentlich am ‚sechsten Tag’. Ebenso geschieht die Erlösung von der Ursünde Adams wesentlich am 6. Tag, nämlich am Karfreitag-Nachmittag (die Erdtiere werden am Vormittag, der Mensch am Nachmittag erschaffen). Das Fest Kreuzerhöhung (am 14. September, dem 40. Tag nach dem Hochfest der Verklärung Christi am 6. August) greift in der liturgischen Lesung den Bezug von Kreuz und Schlange (Sündenfall) auf: „Wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm das ewige Leben hat“ (Joh 3,14; vgl. Num 20,8f).

Die Präfation vom Festtag stellt entsprechend das Kreuz als Baum des Lebens dem Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegenüber: „Du (Gott) hast das Heil der Welt auf das Holz des Kreuzes gegründet. Vom Baum des Paradieses kam der Tod, vom Baum des Kreuzes erstand das Leben. Der Feind, der am Holz gesiegt hat, wurde auch am Holze besiegt durch unseren Herrn Jesus Christus.“

Im Erstlingswerk „Strukturen des Bösen“ deutet Drewermann den „Sündenfall“ hingegen psychoanalytisch und philosophisch von der existentiellen Angst des endlichen Menschen in seiner Freiheit ohne Gott her: Ohne gläubiges Vertrauen auf die unbedingte Güte Gottes entwickle die endliche Freiheit eine Angst- und Triebdynamik der Beunruhigung und des Verlorenseins in der Welt, die notwendig zu Gewaltausbrüchen führe. Nach dem biblischen Autor („Jahwist“) sei es „die Angst und das darin begründete Missverhältnis des Menschen zu Gott…, das den Menschen zum Bösen zwingt“; dass es aber „der Problematik des menschlichen Lebens nicht gerecht wird, diese Angst und das daraus resultierende Böse nur psa (psychoanalytisch) zu interpretieren“ (Vorwort, Bd. III, S. XII).

 

Nur Gott kann den Menschen vom Fluch des Bösen befreien

Für Drewermann muss sich der Mensch ohne Gott notwendig selbst verfehlen, wobei „es doch gerade seine ganze Schuld ist, wenn Gott ihm in seiner Angst verloren geht“ (III, S. LVIII). „Alles ist gut in der Einheit mit Gott; alles ist schlecht in der Trennung von Gott; dazwischen aber liegt der Graben des Nichts, der Kontingenz [Nicht-Notwendigkeit], der Freiheit, der Angst, in den wir den Menschen geradezu notwendig abstürzen sehen, wenn er nicht vom Abgrund der Geschöpflichkeit ... sich abwendet und sich im Glauben an dem eigentlichen seines Daseins festmacht“ (III, 576).

Danach ist es die Geschöpflichkeit als solche, die den Menschen ohne den Glauben ins Nichts abstürzen lässt (Edith Stein: „Jeder von uns steht auf des Messers Schneide zwischen dem Nichts und der Fülle des göttlichen Lebens“). Drewermann fordert, man müsse mit dem Jahwisten „den entscheidenden Schritt“ tun, nämlich den Menschen, „im Gegensatz zu allem mythischen Reden und Denken, in seiner Freiheit und in seiner Schuld vor Gott“ hinstellen, „um das Problem des Bösen erst in seiner Schärfe“ zu erfassen. Denn der Beziehung des Menschen zu Gott komme „eine absolute Bedeutung zu“: „Daher kann auch nur Gott den Menschen aus dem Fluch des Bösen befreien“ (II, 622).

„Ohne in Gott befestigt zu sein“ könne ein Mensch „gar nicht ohne Verdrängungen leben“.  „Eine Heilung von den Ängsten und Verdrängungen der Neurose, wenn sie ohne den Glauben an Gott erfolgt, (muss) so wirken ... wie bei dem Manne, aus dem ein böser Geist vertrieben wurde, der aber von sieben anderen, die noch weit schlimmer waren, heimgesucht wurde, weil er sein Haus leerstehen ließ“ (II, 149f). Erst wenn der Mensch an Gott glaubt, tritt „er aus dem mörderischen [natürlichen!] Kreislauf des Stirb und Werde heraus“.

Erst dann wird er – biblisch gesprochen: Kain – „von der Naturnotwendigkeit [!] des Tötens“ frei, da der andere – biblisch gesprochen sein Bruder Abel – seine Freiheit einzuschränken scheint. Erst durch den Glauben an Gott gibt es beides: Schuld wie Erlösung und beides hängt ab von „der Einstellung zu Gott“ (II, 615). Angst, so folgert der Jesuit und Mystik-Kenner Josef Sudbrack im Anschluss an Drewermann, „ist die Erfahrung, die im Kern nur überwunden wird durch den Glauben, die aber durch die Ablehnung des Glaubens, was der mit Adam und Eva beschriebenen Ursünde gleichkommt, ratifiziert wird zum Ausdruck und zur Auswirkung der Gottesferne“ (Im Gespräch mit Eugen Drewermann, in: Geist und Leben, 1989, 325-348, 327).

 

Von der Heilung der Angst zum Heil des Glaubens

Der Psychoanalytiker Fritz Riemann veröffentlichte 1961 das Buch „Grundformen der Angst  und die Antinomien des Lebens“ (45. Aufl., 2019; vgl. Wikipedia). Danach resultieren die vier Grundformen der Angst Schizoidie, Depression, Zwangsneurose und Hysterie jeweils aus der Überbetonung einer der vier Seinsmodi: Unendlichkeit (Schizoidie) und Endlichkeit (Depression), Wirklichkeit (Zwangsneurose) und Möglichkeit (Hysterie). Den vier Seinsmodi entsprechen in gewisser Weise die vier Urelemente: Feuer und Erde, Wasser und Luft.

Nach Drewermann antworten die vier Sakramente Eucharistie und Firmung, Taufe und Ehe auf diese vier Grundformen der Angst. „Der Angstform der Hysterie entsprechen das tierische Ausgangsverhalten des Liebens, das religiöse Symbol der Heiligen Hochzeit und die ritualisierte Darstellung der Ehe“ (Kurt Koch, Tiefenpsychologie und/oder Theologie?, in: Konfrontation oder Dialog?, 185-208, 196; zu Drewermann vgl. 191-199).

Von diesem Ansatz her wäre es durchaus möglich gewesen, die kirchlichen Sakramente und die Kirche als sakramentale Grundgestalt insgesamt als heilsame Antwort auf die Existenzproblematik des in seiner quasi-göttlichen Freiheit zugleich endlichen und ängstlichen Menschen zu deuten, wie dies ja auch die Kirchenväter getan haben (vgl. Jean Daniélou, Liturgie und Bibel. Die Symbolik der Sakramente bei den Kirchenvätern, 1963).

 

Jesu Jungfrauengeburt und altägyptische ‚Parallelen’

Die Taufe als jungfräuliche Wiedergeburt im Wasser und Heiligen Geist aus dem geisterfüllten Schoß der Jungfrau-Mutter Kirche ist dabei vorgebildet in der Jungfrauengeburt Jesu aus Maria. Drewermann deutet diese Jungfrauengeburt allerdings tiefenpsychologisch nach mehr oder weniger analogen Mythen im Alten Ägypten: „Die Verwandlung der Welt zu einer Kathedrale des Göttlichen ist nicht das Ergebnis menschlichen Glaubens, sie ist es allein, in deren Kraft der Glaube an die Geburt eines [!] Gottessohnes allererst heranzuwachsen vermochte. (…) Szenen wie die einer jungfräulichen Empfängnis entstammen wohl noch einer matriarchalischen Welt, in der die Große Göttin keines Mannes bedurfte, um aus sich selber Fruchtbarkeit und Leben zu erwecken“ (Dein Name ist wie der Geschmack des Lebens, 1986, 34).

Die Kirchenväter, allen voran Augustinus, deuteten die Jungfrauengeburt zwar auch in einem mythennahen Kontext, verstanden sie aber ganz anders, nämlich analog zum Hervorgang der Bräutigam-Sonne (des 8. Tages) von Psalm 19,6 her aus dem jungfräulichen Schoß als Brautgemach. Dahinter steht die Vorstellung von der Inkarnation des Schöpferwortes als Wiederherstellung des ‚hochzeitlichen’ Bundes. So sagte Papst Franziskus am Hochfest der Gottesmutter Maria am Neujahrstag 2020, dem Oktavtag von Weihnachten: „Am Neujahrstag feiern wir diese Hochzeit zwischen Gott und Mensch, die im Schoß einer Frau ihren Anfang genommen hat.“ In der Eucharistie als „Sakrament der Inkarnation“ setzt sich diese ‚Hochzeit’ fort, deshalb wird sie gefeiert als „Hochzeitsmahl des Lammes“ (Offb 19,9, vgl. den Ruf des Priesters: „Seht, das Lamm Gottes…“, Joh 1,29).

Wie die Eucharistie Zeichen des Bundes und ‚hochzeitliches’ Sakrament ist, so auch die Taufe als ‚Brautbad’. Der christliche Glaube ist wesentlich Bundesglaube, den es ohne die Kirche als Gottesvolk und Bundespartnerin, als Leib und Braut Christi, gar nicht geben kann. Insofern sind Drewermanns Erklärungen durch altägyptische Riten irreführend, auch wenn in der Vorstellung von der jungfräulichen Geburt des Sonnengottes Re durch Neith, der Urmutter des Kosmos, zweifellos Analogien bestehen (gegen die Ägyptologin Alexandra von Lieven, für die auf der Hand liegt, „dass dieser Mythos mit dem christlichen Dogma der Jungfrauengeburt in allen relevanten Punkten unvergleichbar ist“ – Jungfräuliche Mütter? Eine ägyptologische Perspektive, in: Thomas Söding [Hg.], Zu Bethlehem geboren?, 156-170, 162f). Drewermann fordert im Grunde eine sakramentale Weltsicht, wie sie ja mit der Kirche als Grundsakrament gerade gegeben ist.

 

Die sakramentale Kirche als Erfahrungsraum der Vollendung

Nach dem russisch-orthodoxen Theologen Paul Evdokimov ist der Sonn-tag als Antizipation des ewigen achten Tages „auch Vorausnahme und Verkündigung der Wiederkunft, wenn das All im Feuer der endlichen Verklärung ewige Eucharistie wird“ (Das Gebet der Ostkirche, 1986, 33). Papst Johannes Paul II. warb in dem Apostolischen Schreiben Dies Domini (1998) eindringlich für eine Wiederentdeckung und Heiligung des im Westen weithin entheiligten Sonntags; der Herrentag wird darin bezeichnet als „achter Tag“ und „Bild der Ewigkeit“, der „den Christen auf das Ziel des ewigen Lebens“ verweist (26), als „Tag des Lichtes“ und „Tag der Sonne“ (27), als „Tag des ‚Feuers‘“ des Geistes (28) und „Tag der Freude“ (55) sowie als „Tag der christlichen Hoffnung“ (38), das heißt des „brennenden Verlangens“ des Geistes und der Braut nach der „herrlichen Wiederkehr“ des himmlischen Bräutigams (85).

Diese eschatologische Perspektive eignet allen jüdischen und christlichen Hochfesten, ebenso den Sakramenten und besonders auch dem Sonntag als „Ur-Feiertag, den man der Frömmigkeit der Gläubigen eindringlich vor Augen stellen soll, auf dass er auch ein Tag der Freude und der Muße werde“ (Sacrosanctum Concilium 106). Nur an diesem die zeitliche Sieben-Tage-Schöpfung auf die Ewigkeit hin übersteigenden ‚achten Tag‘ konnte Jesus von den Toten auferstehen und die ‚Neuschöpfung‘ einleiten, was jede sonntägliche Eucharistiefeier zu einem kleinen Ostern macht.

Bei Drewermann spielt diese biblisch-eschatologische Sicht keine Rolle; zur altägytischen Welterfahrung schreibt er: „Eine sakramentale (im christlichen Sinne: eucharistische) Weltsicht läuft auf den Versuch hinaus, all die Komponenten zu sammeln und zu verdichten, die das Leben eines Menschen ermöglichen, fördern und entfalten, eine Welt, wie sie in der Bibel einzig in der Paradiesgeschichte (Gen 2,4b–25) beschrieben wird“ (Dein Name, 34). In Wahrheit ist das biblische Paradies Urbild des Tempels und damit auch Urbild der sakramentalen Kirche, das sie in jeder Eucharistiefeier neu erfahrbar werden lässt. Darauf verweist der  orthodoxe Theologe Pjotr Hendrix (1896–1979):

„Alles ist in der Kirche Parusie, alles ist zeit- und raumlose verhüllte Wirklichkeit in Symbolen, alles ist in den Mysterien der Kirche ewiges Jetzt. (…) Jetzt feiert die Kirche mit ihrem Herrn Pesach oder Übergang vom Tode zum Leben (…) All diese langen alttestamentlichen Lesungen in der Osternacht heißen denn auch (jetzt erfüllte) ‚Prophezeiungen‘. Die Zeit ist hier zunichte gemacht. Die Zeit ist durch die mystische Feier der Kirche durchbrochen. (…) Wir sind gegenwärtig beim Sündenfall, beim Opfer des Abraham, wir schlachten das Lamm und ziehen trockenen Fußes durch das Rote Meer; wir werden errettet in der Arche Noahs und im Haus der Rahab. Wir sind Zeugen des Wunders in der Knochenwüste des Ezechiel und singen das Loblied mit den drei Jünglingen im Feuerofen. (…) Alles in der Heiligen Schrift (diese θάλασσα μυστηρίων nach der Auffassung des großen Origenes) hat, so wie in der Kirche, seine mystische Bedeutung.“ „Jetzt stehen wir am Ende des siebenten Tages, an der Schwelle des göttlichen achten und ewigen Tages“ (‚Garten‘ und ‚Morgen‘ als Ort und Zeit für das Mysterium paschale in der orthodoxen Kirche, in: Eranos-Jahrbuch 1963, 147-171, 155; 164f; 160).

 

Schönheit der Sonne oder der „Sonne der Gerechtigkeit“?

Die Schönheit hat vor allem in der orthodoxen Kirche ihre herausragende Bedeutung für Liturgie und Theologie behalten. Aber auch Kardinal Christoph Schönborn nennt Christus „die fleischgewordene Schönheit Gottes“ (Der Mensch als Abbild Gottes, 2008, 11-34: Christus, der Schönste unter den Menschen, 23). Ähnlich der italienische Theologe Bruno Forte: „Christus, die gekreuzigte Liebe, ist die Schönheit, die uns rettet.“

Drewermann spricht von der „ewigen Schönheit des Daseins“ bei den Alten Ägyptern, die sie „in dem Lichtglanz der dreifaltigen Sonne erfuhren“: „Denn was wäre Schönheit, symbolisch gesehen, anderes als das Werk der Sonne: als die Beseligung des Stoffs durch die Beseelung des Lichts! Wenn der Geist aufstrahlt in der Verklärung des Leibes, wenn die Seele sichtbar wird im Glanz des Körpers, wenn die Reinheit des Herzens erstrahlt im Schimmer des Glücks, beginnt die Schönheit die Welt zu verzaubern. Schönheit ist überall dort, wo Seele und Leib miteinander verschmelzen, wo eine Gestalt zurückfindet zur Wahrheit ihres Ursprungs und ihr inneres Wesen für die Sinne sichtbar wird. ‚Schönheit’ in diesem Sinne ist nicht zu trennen vom Erfahrungsraum des Sakraments…“ (Dein Name, 36).

Das Sakrament im weitesten Sinn vermittelt hier zwischen den Gegensätzen „Sinnlichkeit und Sittlichkeit, zwischen Natur und Kultur, zwischen Pflicht und Neigung“, wo ansonsten „immer wieder unser Leben zerspalten“ wird (ebd.). „Die göttliche Schönheit der Sonne und die lebenschaffende Poesie des Lichtes in allen Formen des Daseins waren es, die den Ägypter sogar die Angst vor dem Tod überwinden ließen“ (37).

Auch in der christlichen Tradition wird Christus im Symbol der Sonne und des Lichts gesehen. Für den heiligen Bonaventura ist die Sonne auch Bild des dreifaltigen Gottes: „Wie die Sonne alles leben macht, alles erleuchtet und alles durchglüht, und wie diese drei: Leben, Glanz und Glut eine Sonne und dennoch unterschieden und nicht drei Sonnen sind, so sind Vater und Sohn und Heiliger Geist ein Gott“ (Hexaemeron XXI,2). Rund 300 Jahre vor Kopernikus kann er sagen: „Die Mitte des Makrokosmos ist die Sonne, die des Mikrokosmos das Herz“ (Hex. I,19).

Aber die natürliche Sonne wird nicht verwechselt oder gleichgesetzt mit der übernatürlichen „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,20), so wie das ewige Heil durch die (personale) Vergebung der Sünden nicht dasselbe ist wie psychologische Heilung. Ursünde und Erbsünde lassen sich nur überwinden durch den Heiligen Schöpfergeist, den das fleischgewordenen Schöpferwort am Kreuz (in den sakramentalen Zeichen Blut und Wasser aus dem durchbohrten Herzen) aushaucht beziehungsweise „überliefert“ (Joh 19,30.34; 1 Joh 5,4-8). „Die wahre Schönheit ist die Liebe Gottes, die sich uns endgültig im Pascha-Mysterium offenbart hat“ (Benedikt XVI., Sacramentum caritatis, 14).

 

Rationale Rekonstruktion des biblischen Mythos vom Sündenfall

Drewermanns von der Psychoanalyse gestützter Versuch (in „Strukturen des Bösen“) einer rationalen Rekonstruktion des biblischen Mythos vom Sündenfall und damit verbunden der allgemeinen Erlösungsbedürftigkeit des Menschen (= „Erbsünde“) ist in der theologischen Landschaft vor 40 Jahren immerhin ziemlich einmalig. Heute ist es in der Theologenzunft längst üblich geworden zu behaupten, dass der „Sündenfall“ exegetisch betrachtet entweder gar nicht existiert oder man ihn verabschieden müsse, weil er eben rational nicht reformulierbar sei (Thomas Pröpper und seine Schüler). Wenn aber der Mensch nicht universal erlösungsbedürftig ist, warum sollte es dann noch eine Welterlösung durch Jesu Kreuzestod und ihre kirchliche Feier geben?

Nach dem Neuen Testament und der kirchlichen Lehre erlöst Jesu als „Sohn Gottes“ und „neuer Adam“ am Kreuz von der Ursünde Adams oder der „Sünde der Welt“ (Joh 1,29). Jahrhundertlang galt dabei die „Satisfaktionstheorie“ des Benediktiners und „Kirchenvaters“ Anselm von Canterbury (1034–1109) als Interpretationsschlüssel, wonach ein von der Sünde des Menschen beleidigter und zu Recht erzürnter Gott nur durch den stellvertretenden Sühnetod seines Sohnes mit der Menschheit wieder versöhnt werden konnte. Die Bibel spricht nach dem Sündenfall davon, dass Gott zwischen der von ihm verfluchten Schlange und dem Nachwuchs der Frau „Feindschaft“ gesetzt hat: „Er (der Nachwuchs der Frau) trifft dich (Schlangerich) am Kopf, und du (Schlangerich) triffst ihn an der Ferse“ (Gen 3,14f).

Die traditionelle Deutung der Frau auf Maria hin und der Schlange als Symbol des gefallenen obersten Engels oder des Teufels, aber auch der menschlichen Triebnatur, wird heute exegetisch allgemein bestritten. Der Alttestamentler Thomas R. Elßner (Vallendar) bemerkt, die Deutung von Gen 3,15 auf Maria als Schlangenzertreterin lasse „sich mit einer präzisen philologisch-hermeneutischen Exegese nicht bewerkstelligen“: „Die Schlange ist eine Kreatur wie jede andere auch, die JHWH Elohim gemacht hat; nur ist sie klüger/schlauer als andere Tiere: ‚Der Schlangerich war schlauer/listiger als alle Tiere des Feldes, welche JHWH Elohim gemacht hatte’ (Gen 3,1a). Weshalb Gott den Schlangerich überhaupt so geschaffen hat, darauf geht der Text nicht ein“ (Vom Protoevangelium zur philologisch-hermeneutischen Schriftauslegung. Exegetische Anotationen zu Gen 3,15, in: Manfred Hauke, Maria und das Alte Testament, 31-47, 31 und 33). ‚Schlange’ hat im Hebräischen und Griechischen den männlichen Artikel, deshalb ‚Schlangerich’.

Nach dem Alttestamentler Michael Konkel ist die Verfluchung der Schlange durch Gott (Gen 3,14) „Höhepunkt der Erzählung“, die „das Vorhandensein einer für den Menschen tödlichen Macht in der Tierwelt“ erkläre („Und sie erkannten, dass die nackt waren“ (Gen 3,7), in: Berthold Wald, Freiheit und Bindung, 31f). Dagegen wendet Anton Ziegenaus zu Recht ein: „Die Feindschaft bezieht sich auf Personen und nicht auf vernunftlose Geschöpfe, deshalb ist nicht die Schlange als Tier gemeint, sondern als Symbol für die Dämonen, d h. für die Götzen. Es ist die Feindschaft zwischen Jahwe und Baal gemeint, für den die Schlange als Symbol für Fruchtbarkeit und Heilungszauber steht und die in Wahrheit den Tod bringt“ (Der heilsgeschichtliche Ansatz als Grundlage für eine marianisch-mariologische Auswertung des Alten Testaments, in: Hauke, Maria und das Alte Testament, 180-190, 181).

 

Erlösung nicht als Sieg des Glaubens über die Welt (Schlange)

In Drewermanns Deutung ist die Schlange Symbol der Todesangst des endlich-freien Menschen ohne Gott. Ein Gott, der ein Sühnopfer am Kreuz als „Satisfaktion“ verlangt, ist für ihn dagegen „ein Moloch“. Psychoanalytisch sei dies „ein verfeierlichter und religiös übermalter Abkömmling des Ödipuskomplexes“ (Das Markus-Evangelium. Bilder der Erlösung I, 65-67). Das Drama der Kreuzigung sei „ein Psychodrama der Heilung ... eine symbolisch- stellvertretende Durcharbeitung der verdrängten Gefühle von Hass, Zerstörung und Rache“ (ebd. 71). Jesus habe seine Lehre, „dass es nicht nötig sei, vor irgend etwas in dieser Welt eine solche Angst zu entwickeln, dass wir unser eigenes Wesen, das Werk Gottes, verbiegen und verlügen müssten“ (Bd. II, 664), bis in die Konsequenz des Kreuztodes hinein gelebt.

Dieser Tod sei kein Erlösertod: Jesus habe sich nicht für die Kirche als liebender Bräutigam hingegeben: Er trug „nie im Sinn…, ‚am Holz des Kreuzes zu sterben‘, um ‚durch sein unschuldig vergossenes Blut‘ ‚die Schuld der Menschheit‘ ‚abzuwaschen‘“ (Der sechste Tag, 310). Jesus wollte „ein Judentum ohne Priester und Schriftgelehrte – eine prophetische Gottunmittelbarkeit, die die ‚heilsvermittelnden‘ Instanzenzüge von Hierarchie und Theologie erübrigte“ (ebd.). Entsprechend müsse das Christentum seine Erlösungslehre so auslegen und leben, „dass darin der ganze Mensch einschließlich seiner unbewussten Antriebe und archetypischen Bilder zur Geltung kommt“; denn nur dann „verschwinden die Gegensätze, die den Menschen innerlich zerreißen, die Einheit des Glaubens zerstören, ja sogar die Möglichkeit des Glaubens an Gott überhaupt vernichten müssen“ (Strukturen des Bösen III, 529).

Eben das hat die alte Kirche getan, auch indem sie das Kreuz als Baum des Lebens mit der Eucharistie als seiner lebensspendenden Frucht verstanden hat. In einem kleinen Beitrag in der Akademie Schwerte (Die Symbolik von Baum und Kreuz in religionsgeschichtlicher und tiefenpsychologischer Betrachtung – unter besonderer Berücksichtigung der mittel-amerikanischen Bilderhandschriften, 1979, 8) kann auch Drewermann sagen: „In der Mitte des Kreuzes, in der 5. Weltgegend, befindet sich, gewissermaßen als energetisches Zentrum des Alls, der Gott selbst…“ Das kommt nahe an die 1–4-Struktur des Bundes, des Kreuzes und des Gekreuzigten mit seinen fünf Wundmalen im Verhältnis 1 (Herzwunde) zu 4 (Male an Händen und Füßen) heran (vgl. Osterkerze). Diese Spur hat er aber nicht weiter verfolgt. Sein Buch „Der sechste Tag. Die Herkunft des Menschen und die Frage nach Gott“ (Glauben in Freiheit, Bd. 3 – Religion und Naturwissenschaft, 1. Teil, ²1998) handelt nicht von der Entsprechung zwischen dem sechsten Tag der Erschaffung und der Erlösung.

Der Schlangerich des Venustages steht als Symbol für die natürliche Fruchtbarkeit und die unbewusste Triebnatur, wobei zur natürlichen Zeugung/Geburt immer auch der Tod gehört, und so für die (gefallene) „Welt“. Diese wird nicht durch die Erfahrung innerer Bilder „besiegt“, sondern nur durch den übernatürlichen, in der Kirche verorteten Glauben an die Menschwerdung des ewigen Wortes Gottes in Jesus und seinen Heilstod am Kreuz: „Alles, was von Gott stammt, besiegt die Welt. Und das ist der Sieg, der die Welt besiegt hat: unser Glaube“ (1 Joh 5,4). Grundlegendes Sakrament dieses gemeinsamen Glaubens der Kirche ist die übernatürliche (jungfräuliche) Geburt in der Taufe aus dem Wasser und dem Geist als reinigender Akt (verbunden mit der „Absage an den Satan“), vorgebildet in der Knabenbeschneidung und der Jungfrauengeburt Marias.

 

Glaube jenseits von Schöpfung und (alttestamentlicher) Offenbarung

Wie der Schöpfungsglaube nach Drewermann aufzulösen ist, so auch der Offenbarungsglaube: An die Stelle der Lehre von Gott tritt die Gottleere, „die vollkommene ‚Inhaltsleere‘ des Göttlichen in der Botschaft Jesu! Das ganze Auftreten des Mannes aus Nazareth gründete nicht in neuen unerhörten Lehrinhalten – zu Recht weisen vor allem jüdische Autoren darauf hin, dass Jesus eigentlich nichts gesagt habe, was sich im zeitgenössischen Judentum nicht irgendwie auch finde“ (Der sechste Tag, 371f). Den „revolutionär neu[en]“ ‚Inhalt‘ des Redens und Tuns Jesu sieht Drewermann darin, „nicht Menschen zu fürchten, sondern einzig sich Gott anzuvertrauen“:

„Und einzig darin gründet die Größe und Bedeutung seiner Person. Denn darin liegt der berechtigte Teil des Bildes, das MARCION von der ‚Lehre‘ Jesu entwarf: dass für den Mann aus Nazareth Gott die reine Liebe war, ein Licht ohne Schatten, eine Bejahung ohne Verneinung, eine Güte ohne Voraussetzung, ein Verstehen ohne Vorwurf, eine ‚Bezugsperson‘ ohne jede Beimischung ambivalenter Gestimmtheiten und Gefühle. Dieser Gott bedurfte keiner ‚Opfer‘ – überflüssig deshalb der ‚Vermittlungsdienst‘ der Priester im Tempel; dieser Gott bedurfte keiner ‚Auslegung‘ – überflüssig deshalb die Tausende von Anmerkungen in der mündlichen Überlieferung der Schriftgelehrten; was der Gott Jesu redete, das sagte er jedem Einzelnen unmittelbar in der menschlich einzig gültigen Sprache des Mitleids… Unmöglich deshalb auch zu denken, dass Jesus zu der ‚Idee‘ seines Gottes durch die ‚Betrachtung‘ der ‚Welt‘ in griechischem Sinne gelangt wäre; ebenso unmöglich zudem, dass er die Vorstellung ‚seines‘ Gottes aus der Lektüre der ‚Heiligen‘ Schrift oder aus dem Studium der Geschichte seines Volkes gewonnen hätte: wieviel Ungeheuerliches an Gewalt, Hass, Sadismus und Rache, an Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit, an rassistischem Fanatismus und borniertem Traditionalismus muss nicht erst aus der Bibel entfernt werden, um den Gott Jesu zu finden!“ (ebd. 372).

Markion von Sinope gründete im 2. Jh. eine eigene Kirche, die den alttestamentlichen Gott der Schöpfung, des Gesetzes und des Gerichts als Gegensatz zum guten Gott der Liebe und Vater Jesu Christi verwarf. Erlösung wird als Befreiung aus der grobmateriellen Schöpfung verstanden, wo wir „zwischen Urin und Kot geboren werden“, und so als Rückkehr in ein spirituell-geistiges Leben mit dem Gott der Liebe. Gute Gesetzeswerke erübrigen sich, nur der Glaube an den Erlöser zählt, der die Materie geistig überwunden hat.

Um 1900 wurde Markion vom lutherischen Kirchenhistoriker Adolf von Harnack als „der erste Protestant“ gewürdigt; 1921 schrieb Harnack ein Werk über Markion: „Das Evangelium vom fremden Gott“. Ähnlich vertrat 2013 der lutherische Systematiker Notger Slenczka die Auffassung, das Alte Testament trage nichts zum christlichen Bewusstsein bei, und plädierte für eine De-kanonisierung des Alten Testaments (Die Kirche und das Alte Testament, in: Elisabeth Gräb-Schmidt/ Reiner Preul [Hg.], Das Alte Testament in der Theologie, 2013, 83-119). In seiner Kritik der Kirche als Vermittlungsinstanz ist Drewermann ganz in der Nähe von Martin Luther, in seinem Verständnis des Alten Testament ganz in der Nähe von Markion.

 

Die inspirierte Bibel im Heiligen Geist lesen und verstehen

Das Ausscheiden des Alten Testaments aus dem Kanon durch die Gnostiker und die Markioniten wurde von der frühen Kirche entschieden zurückgewiesen, so auch von Origenes. In seiner Homilie über das Buch Numeri betont er (in der Nachfolge Philos), dass das Gesetz „nur für diejenigen ein ‚Altes Testament‘ (ist), die es fleischlich verstehen wollen“, also beim äußeren Buchstaben stehen bleiben und nicht zum allegorischen, geistig-geistlichen Sinn vordringen. Darauf hat auch Joseph Ratzinger im Interviewbuch „Salz der Erde“ (2000, 264) hingewiesen: „Als in der Neuzeit die Christen von der allegorischen Auslegung Abschied nahmen, mit der die Väter das Alte Testament ‚verchristlicht‘ hatten, ist eine neue Fremdheit diesem Buch gegenüber entstanden; wir müssen neu lernen, es recht zu lesen.“

Nach dem Alttestamentler Ludger Schwienhorst-Schönberger ist beim biblischen Text zwischen der Außen- und der Innenseite zu unterscheiden: „Die Innenseite wird in der christlichen Tradition als ‚geistiger Sinn‘ (secundum spiritualem sensum), die Außenseite als ‚wörtlicher Sinn‘ (secundum litteram) bezeichnet. (…) Der geistige Sinn der Texte (ihr innerer Raum) kann nur erkannt werden, wenn im Rezipienten selbst der innere Raum der Wahrnehmung – zumindest anfänglich – erschlossen ist“ (vgl. seine zwanzig Thesen zu Bibel und Mystik bei der Tagung „Schriftauslegung im Widerstreit. Die Bibel zwischen wörtlichem und mystischem Verständnis“ vom 15. bis 16. März 2014 in der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Thesen 9 und 11).

Nach dem katholischen Theologen Marius Reiser ist es letztlich der Heilige Geist, der die Einheit der Schrift ermöglicht (Die Autorität der Schrift im Wandel der Zeiten, 2016, 47). Das sieht auch die Offenbarungskonstitution Dei verbum des II. Vaticanums so: Danach müssen die Schriftexegeten mit „nicht geringerer Sorgfalt“ gerade auf diese in der Inspiration des einen Geistes gründende „Einheit der ganzen Schrift“ achten sowie auf die Aussageabsicht der Hagiographen der einzelnen Bücher der Bibel (DV 12). Der Heilige Geist hat die Hagiographen zur ihren Schriften inspiriert (ebd.), weshalb die Bibel nicht nur nach dem Wortlaut des Buchstabens, sondern geistig zu verstehen ist (2 Kor 3,6). Das hat im Judentum wie im Christentum zur Ausbildung der Lehre vom vierfachen Schriftsinn geführt.

Weil die Bücher des Alten wie des Neuen Testaments „unter dem Anhauch des Heiligen Geistes“ beziehungsweise „unter der Einwirkung des Heiligen Geistes“ verfasst wurden, betrachtet sie die Kirche „in ihrer Ganzheit mit allen Teilen als heilig und kanonisch“: Sie haben „Gott zum Urheber“ und sind „als solche der Kirche übergeben“ (DV 11) wie die Thora dem Mose und dem Volk Israel. Deshalb müsse die Heilige Schrift „in dem Geist gelesen und ausgelegt werden…, in dem sie geschrieben wurde“: im Heiligen Geist (DV 12).

 

Nicht Prophet in der Kirche, sondern „Trojanisches Pferd“

Drewermann hat mit seiner berechtigten Kritik an einem veräußerlichten Schriftverständnis durch die historisch-kritische Exegese begonnen, ihr gegenüber hat er auf die bleibende Bedeutung der inneren Urbilder hingewiesen. Das gegensätzliche Verhältnis von innen und außen findet seine Lösung allein im Sakramentalen (Symbolischen), wozu aber auch das Pneumatische des Heiligen Geistes gehört. Was Jesus (als wahrer Prometheus) bringt und ‚überliefert’, ist das Feuer dieses Heiligen Geistes (Lk 12,49), der die Kirche als sakramentale Neuschöpfung zum wahren Opferdienst der Eucharistie (Danksagung) erbaut.

Die Mystikerin und Kirchenlehrerin Caterina von Siena (1347–1380) nennt drei Gaben Jesu: das Feuer des Geistes, Jesu eucharistisches Blut des Bundes und sein im Feuer der Liebe brennendes und für die Zuflucht suchenden Sünder immer barmherzig geöffnetes heiliges Herz. „Das Feuer Gottes“, so Papst Franziskus bei der Eröffnung der Amazonas-Synode im Oktober 2019 in Rom, „ist die Wärme, die anzieht und in Einheit versammelt.“ Am Aschermittwoch 2019 predigte der Papst in der Basilika Santa Sabina auf dem Aventin:

Fastenzeit bedeutet wiederzuentdecken, dass wir für das Feuer geschaffen sind, das immer weiter brennt, nicht für die Asche, die sofort verglüht; für Gott sind wir geschaffen, nicht für die Welt; für die Ewigkeit des Himmels, nicht für den trügerischen Schein des Irdischen; zur Freiheit der Kinder Gottes, nicht zu einer Versklavung durch die Dinge. (...) Jesus, der am Holz des Kreuzes vor Liebe brennt, beruft uns zu einem von ihm entflammten Leben, das sich nicht in der Asche der Welt verliert; zu einem Leben, das vor Liebe brennt und nicht in der Mittelmäßigkeit erlischt.“ Für den Papst ist gerade die Bibel in der Lage, die Herzen zu entflammen, weil sie selbst göttliches Feuer ist: „Ihr haltet … etwas Göttliches in Händen: ein Buch wie Feuer! Ein Buch, durch das Gott spricht“ (Vorwort zur Youcat-Jugendbibel, 2015).

Für die jüdische Mystik besteht das Resultat des Priestersegens wie im kabbalistischen Sefirot-Baum in der „Ausgewogenheit zwischen Liebe und Grenze sowie zwischen Innerlichkeit und Äußerlichkeit“, das heißt zwischen rechter und linker Seite sowie zwischen oben und unten (Strenger, Die Kunst des Betens, 61; vgl. 34f). Diese Synthese der Gegensätze ist auch mit dem „Kreuz“ gemeint als wahrem „Baum des Lebens“, von dem es heißt, dass er unsere einzige Hoffnung (spes unica) ist. Die Hoffnung als Geist-Gabe und Geist-Tugend nämlich ist die Synthese von Barmherzigkeit und Gerechtigkeit/Recht (hebr. din, auch Grenze) – jenseits von Verzweiflung (nur Gerechtigkeit) und von Vermessenheit (nur Barmherzigkeit).

Drewermann versucht, den Menschen von seiner „Verzweiflung“ zu befreien, die sich einstellt aufgrund der Situation der menschlichen Freiheit getrennt von Gott (Sartre: zur Freiheit verdammt). Da er nicht Maß nimmt am (sakramentalen) Kreuz und am Gekreuzigten verfehlt er die Mitte und rutscht in den Graben der Vermessenheit. Bei der Vorstellung seines Buches „Kleriker“ in Bonn hat er sich selbst „als ‚Trojanisches Pferd’ in der Kirche bezeichnet und diesen Eindruck auch noch gegen alle gutgemeinten Einwände anwesender Journalisten verteidigt“. Was, so fragt der Religionsphilosoph Jörg Splett, denkt Drewermann von den Bischöfen, „wenn er öffentlich fordert, sie sollten ein Feindkommando zur Zerstörung ihrer – unserer – Stadt bei sich willkommen heißen“ (Philosophische Anmerkungen zu Eugen Drewermann, in: Daniel Langhans [Hg.], Antwort auf den Mythos Drewermann, 1964, 65-82, 82).

 

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“

Bischof Heiner Wilmer sagte in dem oben genannten Interview: „Propheten waren schon in der Bibel Menschen, die ungeschminkt die Wahrheit sagten – und dafür ins Abseits gedrängt oder gar mundtot gemacht wurden.“ Auch heute bräuchte man solche Männer und Frauen, „die uns Bischöfen auf die Füße treten, und mag das noch so wehtun“. Allerdings verkünden die biblischen Propheten nicht ihre jeweils eigene (beschränkte) „Wahrheit“, sondern sie aktualisieren die ewige göttliche Wahrheit der Offenbarung des Wortes Gottes und des Gottesbundes für ihre Zeit. Dass Bischöfe nicht mehr wahre und falsche Propheten an ihren Früchten erkennen können (Mt 7,15-23), ist die eigentliche Tragik im Zustand der gegenwärtigen Kirche.

In der Auseinandersetzung mit Rudolf Pesch und Gerhard Lohfink, Theologen der „Integrierten Gemeinde“ in München, greift Drewermann selbst auf das Wort von den prophetischen Früchten zurück („An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, 1988). Als „Vorbild“ für sein eigenes Denken stellt er Kierkegaard, Freud, Jung und Sartre besonders heraus, en passant auch Hermann Hesse: „Nötig sind heute mehr denn je die Menschen, die etwas von Hermann Hesses Mut zum Eigensinn besitzen. Sie sind der Einstellung Jesu sehr nahe. Aus ihrem Holz schnitzt Gott seine Propheten“ (165).

Von Jesus selbst schreibt Drewermann, man werde „in der Geschichte der Menschheit nur schwerlich eine Persönlichkeit finden, die derart mutig der institutionalisierten Form der Religion, ihren beamteten Dienern, den Priestern, den Gesetzeslehrern, den berufsmäßigen Theologen entgegentrat, wenn es galt, für den Menschen Partei zu ergreifen gegen die Unmenschlichkeit einer ebenso gehorsamen wie gehörlosen Herzensversteinerung der Angst, als die Person des Jesus von Nazareth“ (145).

Angeführt wird Jesu Kritik am ‚Gesetz Gottes’: Er brach „gewiss… lieber ein geschriebenes oder überliefertes Gesetz Gottes als das Herz eines Menschen. Und diese Haltung selbst rührt ohne Zweifel an das Wesen seiner Person. Und so war es immer! Und nur darum besaß er Macht über die ‚Geister’ und die Geißel so vieler Krankheiten“ (ebd.). Jesus wollte, „dass man endlich damit anfange zu tun, was die Propheten Israels verkündet hatten“ (158). Bei diesem prophetischen „Mut zur persönlichen Freiheit“ (141) identifiziert sich der Paderborner Theologe auch mit der „Aufklärung“ und „ihrem Erbe“ (134). Das Wesen der katholischen Kirche als „kollektives Gebilde“ (165) erscheint ihm dagegen wie in Dostojewskis Vision des „Großinquisitors“, deshalb sein Credo: „Es ist der Ort des Einzelnen, an dem sich das Gesamtbild der Kirche entscheidet“ (142).

 

Bleiben in der Liebe und der Gemeinschaft mit dem Herrn

„Sprachbilder“ der Kirche wie „Leib Christi“, „mystische Braut“ Christi, „das wahre Israel“ oder „das (neue) ‚Volk Gottes’“ könnten Drewermann zufolge „einen gewissen theologischen Sinn“ haben. „Bei keiner dieser Sprechweisen indessen darf das Bewusstsein und das Gespür dafür verloren gehen, welch ein Unterschied zwischen einer essentiellen (oder tendentiellen) Betrachtung und der Erfahrungswirklichkeit dessen, was heute ‚Kirche’ heißt, besteht. Man folgt Christus gerade nicht nach, wenn man die prophetische Schärfe seiner Herausforderung an jede Form von ‚verfasster’ Gemeinde theologisch durch eine simple Identifikation des Ideals mit der Wirklichkeit zum Verschwinden bringt“ (161).

Nur: Jesus selbst identifiziert sich gerade schlicht und ‚simpel’ mit der (realen, nicht idealen) Kirche, die Paulus radikal verfolgte: „Warum verfolgt du mich?“ (Apg 9,4). „Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat“ (Lk 10,16).

In der Bildrede vom Weinstock (Joh 15,1-10) begegnet zehnmal das Schlüsselwort vom „Bleiben“ (griech. menein) in der Liebe Christi; das meint auch, wie Benedikt XVI. erklärt, „das geduldige Standhalten in der Gemeinschaft mit dem Herrn durch alle Wirrnisse des Lebens hindurch“. Der christologisch und ekklesiologisch zu verstehende Weinstock „bedeutet das untrennbare Einssein Jesu mit den Seinigen, die alle durch ihn und mit ihm ‚Weinstock’ sind und deren Berufung es ist, zu ‚bleiben’. (…) Aber er bedarf immer neu der Reinigung. Reinigung, Frucht, Bleiben, Gebot, Liebe, Einheit – das sind die großen Stichworte für dieses Drama des Inseins und Mitseins mit dem Sohn im Weinstock, das uns der Herr in seinen Worten vor die Seele stellt. (…) Die eigene Größe des Menschen wie auch der Institutionen [!] muss weggeschnitten werden; was allzu groß geworden ist, muss wieder in die Einfachheit und Armut des Herrn zurückgeführt werden. Nur durch solche Vorgänge des Absterbens hindurch bleibt und erneuert sich die Fruchtbarkeit“ (Jesus von Nazareth I, 306 und 304f).

 

Der Kerngegensatz im Menschen: „Geist“ und „Fleisch“

Von Hermann Hesse war auch der andere deutsche Startheologe Joseph Ratzinger seit Jungendzeiten fasziniert. In der neuen Biographie von Peter Seewald „Benedikt XVI.“ (2020) wird seitenweise auf den schwäbischen Dichter Bezug genommen. Dabei interessierte sich Ratzinger aber weniger für Hesses ‚Eigensinn’, als für seine literarisch Darstellung der Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, zerrissen zwischen dem Kerngegensatz „Geist“ und „Fleisch“ (biblisch: Abel und Kain, Jakob und Esau). Von daher formulierte Benedikt XVI.:

„’Der Mensch hat die Möglichkeit, sich ganz und gar dem Geistigen, dem Annäherungsversuch ans Göttliche, hinzugeben, dem Ideal des Heiligen’, lässt Hesse seinen ‚Steppenwolf’ sagen. ‚Er hat umgekehrt auch die Möglichkeit, sich ganz und gar dem Triebleben, dem Verlangen seiner Sinne hinzugeben und sein ganzes Streben auf den Gewinn von augenblicklicher Lust zu richten. Der eine Weg führt zum Heiligen, zum Märtyrer des Geistes, zur Selbstaufgabe an Gott. Der andere Weg führt zum Wüstling, zum Märtyrer der Triebe, zur Selbstaufgabe an die Verwesung’“ (207f). (Hesse, der erfolgreichste deutsche Schriftsteller, starb am 9. August 1962 im Alter von 85 Jahren: „Auf dem Nächtkästchen lagen die Bekenntnisse des heiligen Augustinus“, 219).

Vor eben dieser Alternative der zwei Wege (Ferse, hebr. ekew, bedeutet auch Alternative, vgl. Gen 25,26) steht der Mensch schon im Paradies in der Begegnung mit der Schlange (Philo versteht sie als Bild der „Wollust“, griech. hedoné). Dass die heutige Exegese dieses und andere Urbilder der Seele nicht mehr zu deuten versteht, zeigt ihre ganze Seelenlosigkeit, die Drewermann zu Recht kritisiert hat. Noch zur Zeit, als er seine „Strukturen des Bösen“ verfasste, hat der Regensburger Religionsphilosoph Ferdinand Ulrich, der mit Ratzinger eng befreundet war, in Vorlesungen an der Münchner Jesuitenhochschule die Bilderwelt von Grimms Märchen philosophisch erschlossen (immer Freitagnachmittags, während Drewermanns Vorlesungen in Paderborn am Samstagmorgen von 8 bis 10 Uhr stattfanden).

 

Er-innerung des Ursprungs als Akt der Sammlung ins Wort

Ulrich ließ sich dazu inspirieren von der jüdischen Mystik und insbesondere von Friedrich Weinreb (in Zürich). In seinem Grundlagenwerk „Schöpfung im Wort“ (Zürich ³2012) hat Weinreb gezeigt, wie die gesamte Bibel von Anfang an durchzogen und geprägt ist von der 1–4-Struktur des ‚hochzeitlichen’ Bundes zwischen Gott und Welt (repräsentiert durch Israel, dann die Kirche). Von daher bemerkt Ulrich in seinem Buch „Gegenwart der Freiheit“ (1974, 15f, Anm. 4) zum jüdischen Verständnis der ‚Er-innerung’ (Anamnesis), was ja insbesondere für die Feier der Eucharistie als „Gedächtnis“-Mahl grundlegend ist:

„Die jüdische Überlieferung verbindet den Sinn des Mannes mit der ‚Erinnerung‘. Er ‚freit‘, ist Befreier durch die Erinnerung zum Ursprung, den Akt der Sammlung ins Wort. Er eint die sinnenhafte Vielfalt und Mannigfaltigkeit der leibhaftig erscheinenden Welt (Dimension des Weiblichen, Materiellen; des Leibes im Symbol der raumzeitlichen ‚4‘) zu ‚1‘ des Wesens. Im Symbol der 1:4 (40, 400) wird der ‚Bund‘ ausgetragen. Ehe als Bund repräsentiert als Einheit von Mann und Frau die Versöhnungsgestalt von ‚Wesen und Erscheinung‘, ‚Geist und Leib‘, ‚Wort und Bild‘, ‚Sein und Seiendem‘...“

Im Hebräischen sind ‚männlich’ (sachur) und ‚erinnern’ (sachar) dasselbe Wort. Gemeint ist die ‚vertikale’ Er-innerung des Ursprungs bei Gott als Vater, wozu Jesus im Kreuzesgeschehen seinen Geist ‚aushaucht’, wörtlich: ‚überliefert’ (Joh 19,30). Denn nur dieser Heilige Geist „wird euch alles lehren und an alles erinnern, was ich euch gesagt habe“ (Joh 14,6). Symbol dieses Geistes ist seit der Geschichte von Noah (geschrieben Nun-Cheth, 50-8) die weiße Taube, die zu Noah mit einem frischen Ölzweig und beim dritten Mal gar nicht mehr zurückkehrt, weil sie zu ihrem Taubenschlag als Sinnbild des Ursprungs heimgekehrt ist (Gen 8,8-12).

Ulrich ist am 11. Februar 2020 kurz vor Vollendung seines 89. Lebensjahres heimgekehrt zu seinem himmlischen Vater. Im April 2019 noch konnte der Passauer Bischof Stefan Oster in Washington eine Tagung eröffnen zur Erstübersetzung von Ulrichs Habilitationsschrift „Homo abyssus. Das Wag­nis der Seins­fra­ge“, erschienen vor 60 Jahren. Ulrich sei, so Oster, „nicht nur ein Leh­rer der Phi­lo­so­phie (gewesen), son­dern auch ein Leh­rer in der Kir­che, ein Leh­rer des Gebe­tes und auch für nicht weni­ge ein geist­li­cher Vater – so auch für mich“. Lehrer (in Israel beziehungsweise in der Kirche) ist aber das, biblisch Prophet heißt.

Zum grundlegenden Erstlingswerk seines Mentors führte der Bischof aus: Homo abyssus ist eine sehr tie­fe Abhand­lung über das Geheim­nis der Schöp­fung, in der alle Schöp­fung, alle Wirk­lich­keit als Gabe geschaut und phi­lo­so­phisch ent­fal­tet wird: Alles Sein ist ver­schenk­te Lie­be und aus Lie­be. Und es geht zugleich dar­um, wie der Mensch selbst dazu bestimmt ist, die­ses Geheim­nis selbst zu leben und damit auch darzustellen.“ Kosmische Liturgie ist Darstellung dieser Liebe als übernatürliches Geschenk, nicht Herstellung (‚Machen’) eines irdischen Paradieses oder des vermeintlichen ‚Reiches Gottes’ auf Erden, was der (Irr-)Weg des neuzeitlichen Fortschrittsglaubens der Aufklärung geworden ist.

Klaus W. Hälbig

 

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