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Bild: So wie die Bibel Gotteswort im Menschenwort ist, so ist auch die Kirche Gotteshaus im Menschenhaus, erbaut vom Heiligen Geist in der Geschichte und zugleich im gläubigen Herzen als Heiligtum und Wohnort Gottes (Eph 3,17) - von der katholischen und evangelischen Konfession genutzte Simultan-Kirche in Biberach an der Riss (Oberschwaben).
Das Lesen der Heiligen Schrift will nicht Schriftgelehrte hervorbringen, sondern Heilige und Gerechte, die das Gebot der Gottes- und Nächstenliebe vollkommen erfüllen. Die Bibel als „Gespräch“ mit dem himmlischen Vater, der darin „seinen Kindern in Liebe entgegen“ kommt (II. Vatikanum, Dei Verbum 21), nährt diese Liebe, lässt sie immer mehr wachsen und erwachsen werden. Die „Kinder Gottes“, geboren aus der geisterfüllt-jungfräulichen Kirche als ihrer Mutter, die ganz aus dem „Gespräch“ (Gebet) mit dem „Vater unser im Himmel“ lebt, bilden untereinander eine heilige Familie. Sie sind „lebendige Steine“, die sich vom Heiligen Geist „zu einem geistigen Haus aufbauen (lassen), zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen“ (1 Petr 2,5). Den Steinen des Tempels entsprechen die Buchstaben der Schrift. Wer die Bibel im Geist liest und Gottes Wort im Herzen bewahrt und bewegt (Lk 2,19), wird selbst zur lesbaren Heiligen Schrift, zu einem „Brief Christi“, „geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht aus Stein, sondern … in Herzen von Fleisch“ (2 Kor 3,3). Der Geist er-innert den Menschen an seinen himmlischen Ursprung, an seinen Vater, und ermöglicht so die Gotteskindschaft im Sohn, die Gottesbrautschaft in der Kirche, die Gottesverehrung „im Geist und in der Wahrheit“ (Joh 4,23). Jesu Niederreißen des Tempels (Joh 2,19; Apg 7,48f) ist wie das Niederreißen der Schrift (als äußerlich verstandenes Wort: Mt 5,21f) notwendig, damit das lebendige Haus des Geistes im hörenden Herzen in Einheit mit der das nährende Mahl der Liebe feiernden sichtbaren Kirche erbaut wird, in dem Gott wohnt (Eph 2,22; 3,17).
Bild: Das Kreuz als eschatologisches „Zeichen am Himmel“ (Mt 24,30) bei Jesu Wiederkunft zu Weltgericht und Weltvollendung, Apsismosaik in S. Apollinare in Classe bei Ravenna (549).
„Ja, ich komme bald“ – so lautet Jesu letztes Wort ganz am Ende der (christlichen) Bibel. Entsprechend erfleht die Braut-Kirche im Heiligen Geist das baldige Nahekommen ihres himmlischen Bräutigams: „Komm, Herr Jesus!“ (Offb 22,20); so auch Paulus: „Marána tha – Unser Herr, komm!“ (1 Kor 16,22). Andererseits heißt es: „Denn gekommen ist die Hochzeit des Lammes“ (Offb 19,7). Der Bräutigam ist schon da und noch nicht da, sondern erst nach am Kommen. Die christliche Hoffnung bewegt sich immer zwischen „schon“ und „noch nicht“. Die Aussage über die „bald“ erhoffte Wiederkunft Christi ist keine Prognose über einen innerweltlichen oder gar berechenbaren Vorgang, sondern die von der „ersten Ankunft“ (Parusie) vom Geist gestärkte Hoffnung auf die endgültige („zweite“) Ankunft als Vollendung der Welt im vollkommenen „hochzeitlichen“ Eins-sein in Liebe von Schöpfer und Schöpfung. Die Liebe der endlichen Freiheit des Menschen muss zwischen Anfang und Ende wachsen. Deshalb gilt weder: Anfang gut – alles gut, noch: Ende gut – alles gut, sondern es braucht die zeitliche Entwicklung und endzeitliche Verwandlung der immer nur teilweise „guten“ Freiheit zur vollkommenen Liebeshingabe, wie sie Jesus am Kreuz vorgelebt hat und wie sie der Geist in jeder Feier des Sakraments der Liebe vergegenwärtigt. Die neutestamentliche Erwartung von der „Nähe“ der Wiederkunft Jesu ist kein Irrtum der Urkirche („Parusieverzögerung“). Vielmehr erfährt Jesu Nahekommen jeder im Maß seiner Hingabe in Freiheit (Lk, 1,38).
Bild: Mit der „Verkündigung“ der Frohbotschaft an Maria durch den Engel kommt die Geist-Taube und Jesus mit dem geschulterten Kreuz in den jungfräulich-verschlossenen Schoß der Gottesmutter herab – spätgotische Alte Pfarrkirche zu Unserer Lieben Frau, Bozen-Gries (Südtirol).
Weihnachten ist das beliebteste Fest der Christenheit. Manche wünschen sich gleich ganz ein „Weihnachts-Christentum“ (Matthias Morgenroth), wo Kreuz und Auferstehung noch mehr in den Hintergrund treten. Dabei wurde das Weihnachtfest im 4. Jh. ganz dem Osterfest nachgebildet. Auch die Weihnachtsgeschichten im Matthäus- und Lukasevangelium „sind durch und durch vom Glauben an die Auferstehung Jesu und an ‚seine endzeitliche-messianische Würde’ getränkt“ (Hans-Georg Gradl). Zwischen der jungfräulichen Geburt und der Auferstehung Jesu von den Toten besteht „ein inniges Band …, das einem genauen Plan Gottes entspricht“, wie Johannes Paul II. sagt. Ihm zufolge verbindet sich die Jungfräulichkeit eng „mit dem Glauben an die Gottheit Jesu“: „In der Liturgie hat sie (die Kirche) immer Weihnachten gefeiert im Blick auf Ostern, ebenso wie sie bei der Osterfeier der Geburt Christi gedacht hat …“ Tatsächlich durchschreitet schon der „Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ (Kol 1,15) bei seiner jungfräulichen Geburt „verschlossene Türen“ wie dann der Auferstandene (Joh 20,19). Die Erlösung der Schöpfung durch die Herabkunft des Heiligen Geistes auf Maria (Fest am 25. März, neun Monate vor Weihnachten) nimmt das Pfingstfest als Krönung von Ostern schon vorweg. Zu jedem Zeitpunkt des kreisförmigen Kirchenjahres wird „dasselbe Pascha“ gefeiert: die Erniedrigung und Erhöhung des Gottessohnes, die „Begegnung mit dem österlich erhöhten, thronenden und herrschenden Christus“ (Rupert Berger), dessen erste Ankunft (Advent) schon die zweite (Wiederkunft) vorwegnimmt.
Bild: Christus vergießt am Kreuz in Gegenwart seiner Mutter und des Lieblingsjüngers das Blut des neuen und ewigen Bundes der Liebe, Kathedrale von Adis Abeba (Äthiopien).
Papst Benedikt XVI. hat mit seinem Brief an die deutschen Bischöfe vom 14. April 2012 verfügt, dass die richtige Übersetzung der eucharistischen Wandlungsworte im Hochgebet der heiligen Messe nicht mehr „für alle“ heißen darf, sondern korrekt „für viele“ (pro multis) bzw. „für die Vielen“ heißen müsse. In Mt 26,2 sagt Jesus: „mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele (griech. pollón, ohne Artikel) vergossen wird zur Vergebung der Sünden“. Im Hintergrund steht das Vierte Lied vom Gottesknecht: „Denn er trug die Sünden von vielen“ (Jes 53,12). In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurde hervorgehoben, ein Semitismus wie Jes 53,12 müsse auslegend mit „alle“ übersetzt werden. Johannes Paul II. hat in seinem Schreiben an die Priester zum Gründonnerstag 2005 (Nr. 4) diese Praxis bestätigt: „Es ist das Blut, ‚das für euch und für alle vergossen wird’, wie einige Übersetzungen legitim deutlich machen.“ Die von der Gottesdienst-Kongregation am 28. März 2001 erlassene Übersetzer-Instruktion „Liturgiam authenticam“ hatte hingegen wieder das Prinzip der wörtlichen Entsprechung betont. Dass Gott seinen Sohn „für alle hingegeben“ hat (Röm 8,32) oder für die „Welt“ (Joh 3,16), um „alle an sich zu ziehen“ (Joh 12„32), dass der Eine „für alle gestorben“ ist (2 Kor 5,14) und Jesus sein Blut „als Lösegeld hingegeben (hat) für alle“ (1 Tim 2, 6), ist unstrittig. Wenn es nach Matthäus und Markus „für viele“ heißt, nach Lukas und Paulus „für euch“, so wird dadurch nicht das universale Heilsangebot eingeschränkt, wohl aber in Relation zum konkreten Einzelnen und seinem Glauben gesetzt. „Viele“ (hebr. rabbim) ist immer relativ, „alle“ (hebr. kol) total. In Relation zu dem einen unendlichen Gott ist die endliche materielle Welt zwar das „All“, aber doch fast nichts. Erst wenn sie im „Blut des Bundes“ (Ex 24,8) mit Gott auch „eine“ ist (Röm 12,4: „ein Leib und viele Glieder“), hat sie ihr Heilsziel erreicht. Gott will, „dass alle Menschen gerettet werden“ (1 Tim 2,4). Aber damit ist keine „All-Erlösung“ ausgesagt, die den freien Willen des Menschen negiert und damit seiner Würde und Verantwortung für sein Handeln nicht gerecht wird.
Bild: Die evangelische Hauptkirche St. Petri in Hamburg erklärt sich solidarisch mit der Schwulen- und Lesben-Parade beim Christopher-Street-Day im August 2018.
Für die Bibel erschafft Gott den Menschen als Mann und Frau zur Fruchtbarkeit füreinander. Deshalb gilt nur der ehelichen Mann-Frau-Verbindung sein Schöpfersegen (Gen 1,27f; 2,21f.24). Entspricht doch Gottes Beziehung zu Israel und zur Kirche dem Bild der bräutlich-hochzeitlichen Liebe als Eins-sein (Ez 16; Eph 5,31f, Mt 19,5). In Art. 6 des Grundgesetzes werden Ehe und Familie unter den Schutz des Staates gestellt, weil sie die natürliche Keimzelle jeder Gesellschaft sind. 2013 haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts wie ihre europäischen Kollegen geurteilt, dass nur ein Mann und eine Frau eine „Ehe“ schließen können. Dann aber wurde durch die Kampagne des „Aktionsbündnisses gegen Homophobie“ und von LGBT-Gruppen der positiv klingende Begriff „Ehe für alle“ (Übers. von mariage pour tous) statt „Homo-Ehe“ lanciert, im Sommer 2015 übernahm ihn die „Tagesschau“. Am 30. Juni 2017 erließ das Parlament ein entsprechendes Gesetz. Eine gleichgeschlechtliche Beziehung hat aber keinerlei Funktion für Staat und Gesellschaft, sie ist reine Privatsache. Auch die Beschränkung der „Ehe“ auf zwei Personen hat nur bei Heterosexuellen einen Sinn. In den 60-er Jahren wurde die Verbindung von ehelichem Liebesakt und Fortpflanzung durch die „Anti-Baby-Pille“ mehr und mehr aufgehoben. Mit der „Ehe für alle“ hat das Ehe-Institut aufgehört, Keimzelle der Gesellschaft zu sein. Zwar muss der Staat bis zu einem gewissen Grad mit der Zeit gehen, er kann aber nicht die in der Schöpfung begründeten Fundamente des Zusammenlebens beliebig verändern.
Zum Bild: Mit der Ausgießung des Feuergeistes an Pfingsten auf Maria (als Kirche im Ursprung) und die Zwölf Apostel wird die katholische (universale) Kirche gegründet, die das auserwählte Zwölf-Stämme-Volk Israel im Prinzip auf die ganze in Christus erlöste Menschheit „ab Abel“ (Hebr 11,4) ausweitet und vollendet – gotisches Relief im Erfurter Dom.
Mit dem Christusgeschehen ist der Anspruch verbunden, die an Israel ergangenen Verheißungen Gottes – auch durch Einbeziehung der „Heiden“ in den Glauben – zu erfüllen und (in der „Wiederkunft“ Jesu) zu vollenden: Der Sabbat geht über in den Sonntag, der Tempelkult in die Feier der Eucharistie, die Beschneidung in die Taufe, der von Gott „nie gekündigte“, aber vom bleibend erwählten Israel gebrochene Bund in den neuen und ewigen Bund im „Blut Christi“ als Zeichen seiner vollkommenen Hingabe in Liebe bis in den Tod. Das rabbinische Judentum sieht in Jesus nicht den verheißenen Messias. Es bildet eine eigene Gestalt des Glaubens aus in Reaktion auf die Tempelzerstörung (70 n. Chr.) und das Scheitern des Bar Kochba-Aufstands (132–135 n. Chr.), aber auch in Abgrenzung von und Auseinandersetzung mit dem entstehenden Christentum. Beiden Religionen ist das „Alte Testament“ gemeinsam, aber es wird unterschiedlich ausgelegt, so vor allem in der Streifrage der Messianität Jesu und der Landverheißung, die jüdisch im politischen Sinn verstanden wird (auch noch in Form des Zionismus). Der Unterschied zeigt sich aber auch im Umgang mit bestimmten Speisegeboten, Reinheits- und Festvorschriften. Zwischen Treue zur kultischen Weisung und Kultkritik gibt es in Israel von Anfang an eine Dialektik, die sich in der Kirche fortsetzt. Die Neujustierung des Verhältnisses zum Judentum nach der Shoah (bes. in der Konzilserklärung „Nostra aetate“, 1965) verlangt eine Intensivierung des Dialogs, der von christlicher Seite die „allegorische“ Schriftauslegung (christologische Lektüre) wieder aufwerten muss, soll das Alte Testament nicht (wie schon bei Markion, 2. Jh.) seine Bedeutung für Christen verlieren.
Bild: Der Schöpfer (Christus) haucht Adam, der ihm als "Bild Gottes" ähnlich sieht, seinen lebendig machenden Geist ein – Palermo, Cappella Palatina.
Im alttestamentlichen Buch der Weisheit (um die Zeitenwende) sagt „König Salomo“: „Auch ich bin ein sterblicher Mensch wie alle anderen, Nachkomme des ersten, aus der Erde gebildeten Menschen“ (7,1). Doch von Gott als „Liebhaber des Lebens“ (11,26) wird gesagt, er „hat den Tod nicht gemacht und hat keine Freude am Untergang der Lebenden. Zum Dasein hat er alles geschaffen …, das Reich des Todes hat keine Macht auf der Erde; denn die Gerechtigkeit ist unsterblich“ (1,13-15). Er habe „den Menschen zur Unvergänglichkeit erschaffen und ihn zum Bild seines eigenen Wesens gemacht. Doch durch den Neid des Teufels kam der Tod in die Welt, und ihn erfahren alle, die ihm angehören“ (Weish 2,23f). Danach darf der „Gerechte“ auf Unsterblichkeit hoffen, nicht jedoch der „Sünder“, der der Versuchung durch den Teufel (in Gen 3: Satan-Schlange) erlegen ist. Bei Paulus ermangeln durch die Ursünde des „Ersten“ Alle der Gerechtigkeit und Herrlichkeit Gottes (Röm 3,23; 5,12-14). Beides wird ihnen durch den „letzten Adam“ Christus wieder zuteil (Röm 5,15-21). So haben sie in Gemeinschaft mit Gott Anteil an dessen ewigem Leben. Denn bei Gott ist ja „die Quelle des Lebens“ (Ps 36,10), er ist „doch nicht der Gott der Toten, sondern der Lebenden“ (Mt 22,32). Der Teufel hingegen ist der „Gott dieser Weltzeit“ (2 Kor 4,4) und „Herrscher dieser Welt“ (Joh 12,31), den Jesus mit seinem Heilstod und seiner Auferstehung für alle Glaubenden „hinausgeworfen“ hat (ebd.). Der Tod ist „natürlich“; als „Bild Gottes“ aber darf der „Weise“ hoffen auf „übernatürliche“ Unsterblichkeit (Weish 3,4; 6,15f; 8,17; 15,11).
Bild: Noah mit seinen drei Söhnen (rechts) und den vier Frauen (Mitte) lässt aus dem oberen Fenster der Arche erst einen schwarzen Raben als Sinnbild des Körpers und dann dreimal die weiße Taube als Sinnbild der Geistseele aufsteigen; beim zweiten Mal kehrt sie mit einem Oliven- oder Ölzweig im Schnabel als Sinnbild des Gottesgeistes zurück: Öl, hebr. schemen, besteht aus denselben Konsonanten wie hebr. schmona(h) = acht – Dom von Monreale bei Palermo.
Wenn die Sintflut vom 600. bis 601. Jahr Noahs dauert – vom 17. des 2. Monats bis zum 27. des 2. Monats (Gen 7,13; 8,14) –, dann wird damit das Mondjahr von 355 Tagen um 10 Tage auf das Sonnenjahr von 365 Tagen überstiegen und der 6. Tag der Erschaffung über den 7. Tag (Sabbat) der Gottesverehrung zum 8. Tag der Erlösung (= Auszug aus der Arche). Der Nachtzustand in der fließenden Zeit im Symbol des Wassers wird so zum Tagzustand der ‚trockenen’ Ewigkeit. Nach dem 1. und 2. Petrusbrief (3,20f; 2,4f) ist die Rettung der Acht in der Arche Noah ein Sinnbild für die christliche Taufe, in der es um die Neuschöpfung geht (2 Kor 5,17). Der Epheserbrief (3,14) fordert den Täufling auf: „Wach auf, die Schläfer, steht auf von den Toten, und Christus wird dein Licht sein“ – das ewige Licht der Wahrheit oder der „Sonne der Gerechtigkeit“ (Mal 3,20). Die Taufe wurde in achteckigen Baptisterien gespendet; denn die Sonnenzahl Acht und die Auferstehung am Sonntag als erstem oder „achtem Tag“ (vgl. Mk 16,2) übersteigt die Mondzahl Sieben der Sieben-Tage-Schöpfung und ist so ein Symbol für die jenseitige Welt des Himmels. Der Weltkatechismus (Nr. 349) sagt zum „achten Tag“, an dem auch die Knabenbeschneidung als Vorausbild der Taufe erfolgt: „Der siebte Tag vollendet die erste Schöpfung. Am achten Tag beginnt die Neuschöpfung. So gipfelt das Schöpfungswerk im noch größeren Werk der Erlösung“ an Ostern – das gefeiert wird am ersten Sonn-tag nach dem Frühlings-Vollmond. Bei der Ostergeschichte des wunderbaren Fangs von 153 (9 x 17) Fischen (Joh 21,13) geht es um die Zahl 17 als Zahlenwert für „gut“, hebr. tob, 9-6-2 = 17, die auch in der Sintflutgeschichte häufig vorkommt (Gen 7,13; 8,4). Die Zahl 17 verweist auf ein Ende der Zeit (des Tages), das dann mit der ewigen Vollendung in der neuen Welt kommt.
Bild: Menschenverschlingender Satan, das angebetete „Tier aus dem Meer“ (Offb 13) als Karikatur des dreifaltigen Gottes, Kuppel des Doms von Florenz.
Biblisch, historisch, literarisch, ästhetisch usw. existiert die Teufelsfigur selbstverständlich, aber auch wirklich, wie Papst Franziskus immer wieder herausstellt? Braucht es zur Erklärung der abgründigen Bosheit in der Welt diese Figur? Oder reicht nicht die Rede vom Drama menschlicher Freiheit, dem „Preis der Freiheit“ (Rüdiger Safranski)? Der Mensch wäre dann für alles Böse allein verantwortlich, vor allem Täter und nicht auch Opfer. Denn das Böse in den Begriff Gottes selbst einzutragen, würde diesen zerstören. In der Bibel erscheint der Teufel (in Schlangengestalt) als Ankläger (advocatus diabolus) und Versucher, der den Menschen vom rechten Glauben an Gott abbringen will (Adam, Hiob, Jesus in der Versuchungsgeschichte). Zugleich ist er als „Herrscher dieser Welt“ (Joh 12,31; 14,30; 16,11) und „Vater der Lüge“ (Joh 8,44) übermächtiger Widersacher Gottes, dessen Zerstörungswerk zu zerstören Jesus gekommen ist (1 Joh 3,8) – durch Bezeugen der Wahrheit (Joh 18,37). „Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm“ (1 Joh 1,8). Die Finsternis dieser Welt (Joh 1,5.10) hat somit nicht Gott oder sein lichtvolles Schöpferwort zum Urheber. Die „Finsternis“ über der „Urflut“ (Gen 1,2) ist schon da, wird also nicht von Gott erschaffen, der nur das „Licht“ erschafft (V.3). Aber als endliche hat die Schöpfung – auch die unsichtbare Welt der Geistwesen – zwangsläufig ihre Schattenseite, sonst wäre sie ja „Gott von Gott, Licht vom Licht“. Wahrer Glaube schließt daher den „Exorzismus“ in der Taufe ein („Widersagst du dem Satan?“).
Bild: Jakob im blutroten Gewand träumt von der Engelsleiter zum Himmel, rechts der vierflügelige Cherub mit der Menora, dem siebenarmigen Leuchter im Tempel als Symbol der sieben Schöpfungstage und sieben „Planeten“ (einschließlich Sonne und Mond), im Hintergrund ein Bild des Gekreuzigten – Marc Chagall, Museum in Nizza.
Paulus zitiert in Röm 9,13 den Propheten Maleachi (1,2f), der Gott sagen lässt: „Jakob habe ich geliebt, Esau aber gehasst.“ Für Paulus ist wichtig: „Nicht die Kinder des Fleisches sind Kinder Gottes, sondern die Kinder der Verheißung“ (Röm 9,8), das heißt des Geistes. Die „Erlösung unseres Körpers“ (Röm 8,23) bedeutet seine Vergeistigung in Christus, denn „Gott ist Geist“ (Joh 4,24). Als absoluter Geist liebt Gott das Geistige und so ihm Ähnliche mehr als das Körperliche. Die Brüderpaare Kain und Abel sowie Esau und Jakob/Israel stehen für den „äußeren Menschen“ (= Körper) und den „inneren Menschen“ (= Geistseele). Esau ist der „Rote“ (hebr. Edom), „über und über mit Haaren bedeckt wie mit einem Fell“ (Gen 25,25). Er trägt also das animalische Tierkleid, das A-dam (dam = rotes Blut) nach dem Sündenfall bekommt (Gen 3,21). Jakob erschleicht sich den Segen seines Vaters Isaak für den Erstgeborenen durch die List mit den Haaren eines Ziegenböckchens, womit er den blinden Vater täuschen kann (Gen 27,15-30); zuvor hat der Jäger Esau sein Erstgeburtsrecht für das „Rote“ (Linsenmus) an Jakob verkauft (Gen 25,27-34). Das Rote ist die Farbe des lichtlosen Nordens, das Weiße die Farbe des lichtvollen Südens. In geosteten Kirchen war die linke Nordseite die Frauenseite, die rechte Südseite die Männerseite. Das Körperliche ist das Umhüllende und so das „Weibliche“, das Geistige das verborgene Innere und so das „Männliche“ (hebr. sachor ist „männlich“ und er-innern). Die jüdische Exegese verknüpft Esau bzw. Edom (= das ‚4.‘ Weltreich) mit dem „bösen Trieb“; zugleich wird er Synonym für die Christenheit. Diese hingegen versteht sich durchaus in der Nachfolge des neuen Jakob Jesus, des „Menschensohnes“, über dem die Engel Gottes auf- und niedersteigen wie beim Traum Jakobs (Joh 1,51; Gen 28,12).
Bild: Gott erschafft die Frau aus Adams Rippe mit Blick auf Sonne und Mond, die beiden kosmischen Urbilder des Männlichen und Weiblichen – Schalldeckel der Kanzel in der ehemaligen Abteikirche der Zisterzienserinnen in Bebenhausen bei Tübingen.
Warum erschafft Gott die Frau für den Ersten Menschen aus dessen „Rippe“ (Gen 2,21f)? In Gen 3,20 nennt Adam seine Frau „Mutter aller Lebendigen“. Dieser Titel erinnert an den Namen einer Göttin, zum Beispiel der Erdmutter (Magna Mater). Nahe liegender ist aber die Mondgöttin (Luna), die in den alten Kulturen wegen der Entsprechung von Mond- und Menstruationszyklus als „Urgrund aller Geburt“ galt. Ikonographische Vergleiche zeigen die Ähnlichkeit von gekrümmter Rippe und Mondsichel. Tatsächlich ist ja Luna so etwas wie die Mutter des Lebens auf der Erde. Zum einen stabilisiert der Mond die Erdrotation und ermöglicht damit das Klima, zum anderen diente er in der Frühzeit als Schutzschild gegen die auf die Erde stürzenden Asteroiden. Nicht zuletzt vermutet man, dass das Leben an der Grenze zwischen Wasser und Land durch die vom Mond bestimmten Gezeiten von Ebbe und Flut entstand. Kleinstlebewesen wie Krebse als Anfang der Nahrungskette richten sich für ihre Vermehrung nach dem Vollmond. Auch von der die biblischen Zahlensymbolik her zeigt sich ein enger Zusammenhang zwischen Eva (hebr. chavah, 8-6-5 =19), Rippe (hebr. zela, 90-30-70 = 190) und Luna. Denn um den unterschiedlich langen Sonnen- und Mondkalender zu synchronisieren, muss in 19 Jahren siebenmal ein 13. Monatmonat geschaltet werden, zwölf mal nicht (7 + 12 = 19, vgl. Metonischer Zyklus). Für die lunare Deutung Evas spricht auch, dass Maria als neue Eva in der christlichen Ikonographie auf der Mondsichel stehend dargestellt wird (vgl. Offb 12,1) sowie die solare Deutung Adams in frühchristlichen Schriften wie der „Schätzhöhle“ (4. Jh.).
Bild: Noah erbaut in „120 Jahren“ die rettende Arche, 480 Jahre (= 4 x 120) hat er nicht gebaut, als er die Arche mit „600 Jahren“ besteigt (Gen 7,6) – Dom von Monreale bei Palermo.
Am Ende des fünften Buches Mose stirbt Mose, obwohl „seine Frische noch nicht geschwunden“ war, im Alter von 120 Jahren, ohne das Gelobte Land betreten zu haben (Dtn 34,5-7). Auf 120 Jahre begrenzt Gott das Alter des Menschen ab der Sintflut, weil der Mensch „auch Fleisch ist“ (Gen 6,3) und deshalb „alles Sinnen und Trachten seines Herzens immer nur böse war“ (Vers 5), so dass es den Schöpfer sogar reut, den Menschen überhaupt geschaffen zu haben (Vers 6). „Denn alle Wesen aus Fleisch auf der Erde lebten verdorben“ (Gen 6,12). „Fleisch“ nennt die Bibel den „äußeren Menschen“, der auch mit dem „weiblichen“ (umhüllenden) Menschen identifiziert wird (Gen 2,21); der „innere Mensch“ ist hingegen erfüllt von „Gottes Geist“ (Gen 2,7; 6,3). Der Weg der Befreiung aus der „400“-jährigen Gefangenschaft (Gen 15,13) in „Ägypten“ (= äußerer Mensch) in das „Gelobte Land“ (= innerer Mensch) dauert „40 Jahre“ in der „Wüste“. Mit den Zahlen 4, 40 und 400 wird das Sein des Menschen in der Weltzeit überhaupt gemessen. So unterscheidet man vier Lebensalter: Kindheit, Jugend, Reife, Greisenalter. Das Mädchen wird mit 12 Jahren geschlechtsreif („volljährig“) und feiert ihre „Bat Mizwa“, der Junge hingegen muss für die Feier der „Bar Mizwa“ 13 Jahre alt sein. Die Zahl 12 (≈ 120) bleibt innerweltlich (vgl. 12 Monate), die Zahl 13 übersteigt die Weltzeit auf das Jenseitige oder Transzendente hin (die Kopfbedeckung der koptischen Mönche hat 13 Kreuze, zwölf für die Apostel und eins für das Kreuz Christi). Nach Ex 34,6-7 hat Gott 13 Eigenschaften oder „Maße“ und ist zugleich doch „einer“, hebr. echad, 1-8-4 = 13 (vgl. Dtn 6,4). Dieses Eins-sein kann das „Fleisch“ nicht erlangen, sondern nur der „Geist“ oder der „innere Mensch“.
Bild: Die drei Frauen kommen am Sonn-tag, am „achten“ oder „ersten Tag der Woche“, „als eben die Sonne aufging“ (Mk 16,2), zum Grab, um den Geist-Gesalbten (Messias) mit wohlriechenden Ölen zu
salben, der aber in der Kraft des Geistes schon auferstanden ist; die zurückgelassenen Leinenbinden rechts vom Engel haben die Form einer Acht (Verweis auf den „achten Tag“) – aus dem Sakramentar des Robert de Jumièges (angelsächsisch, um 1020).
Das Mysterium von Kreuz und Auferstehung Jesu geschieht nach dem Heilswillen Gottes „gemäß der Schrift“ (1 Kor 15,3f), um durch das vergossene „Blut des Bundes“ (Mt 26,28) den Bundesbruch (Sünde) zu heilen. Die Gutheißung oder Segnung jedes Schöpfungstages durch den Schöpfer (der „sah, dass es gut war“) in Gen 1 erfüllt sich nach der Sieben-Tage-Schöpfung erst am „achten Tag“ (= Sonntag) der Auferstehung als Symbol der Ewigkeit. Denn in der vergänglichen Zeit (im Symbol des fließenden Wassers) bleibt alles noch ambivalent. Die Erschaffung des Urlichts am „ersten Tag“ (ebenfalls Sonn-tag) ist als „Kampfansage“ (Renate Brandscheidt) an die „Finsternis“ von Sünde, Tod und Teufel zu verstehen. „Im Anfang“ (Gen 1,1), hebr. bereschith, wird in der jüdischen Exegese gelesen als berit-esch: Bund des Feuers, nämlich des Geistes der Liebe, der sich gegen den Ungeist von Hass, Begierde und maßloser (ungeordneter) Liebe erst durchsetzen und so die Heilsordnung Gottes erst aufrichten muss (Gen 1,2). Das verlangt die Mitwirkung des Menschen, der zwar ohne sein Zutun erschaffen, aber nicht ohne sein Zutun erlöst wird. Deshalb wird von ihm gefordert, dem Gekreuzigten „nachzufolgen“ und sein zeitliches Leben „gering zu achten“ (Lk 14,26f), das heißt die Werte in ihrer rechten Hierarchie zu verwirklichen. Während der ‚Sündenfall’ der materiellen Seite oder dem Ursprung des Menschen „von unten“ (Erde analog zu den Erdtieren) die Herrschaft über die geistige Seite oder den Ursprung „von oben“ (Himmel, Geist Gottes: Gen 2,7) gibt, wird mit der Taufe als Wiedergeburt „von oben“ (Joh 3,3) im Zeichen des Kreuzes die ursprüngliche Harmonie („Heiligkeit und Gerechtigkeit“: Eph 4,24) der zwei Seiten des Menschen und so der Bund wieder hergestellt. Der „sechste Tag“ (= Freitag) der Schöpfungswoche als Tag des Sündenfalls wird schon bei Irenäus (2. Jh.) als Parallele zum Tag der Erlösung im Tod Jesu am Kar-Freitag gesehen, und zwar am Freitag-Nachmittag (15 Uhr); denn in der ersten Tageshälfte am Vormittag werden die Erdtiere erschaffen (Gen 1,24).
Bild: Der Priester-Prophet Ezechiel schaut den Einzug der Herrlichkeit Gottes durch die verschlossen bleibende Osttür in den wieder reinen Tempel (Ez 43,2, 44,1-3), darüber im runden Medaillon die immer „verschlossen“ bleibende jungfräuliche Gottesmutter Maria und Jesus – Panagia Kera in Kritsa auf Kreta (13. Jh.).
Die unmittelbare (vertikale) Herkunft Jesu vom himmlischen Vater durch das Wirken des göttlichen Geistes und damit seine Göttlichkeit wird durch die Jungfräulichkeit Marias ausgesagt. Analog dazu werden alle, die im Wasser der Taufe und im Feuer des Geistes wiedergeboren sind, jungfräulich als Kinder Gottes „aus Gott geboren“ (Joh 1,13). Sie haben Gott als Vater und die Kirche als jungfräuliche Mutter. Maria als „Kirche im Ursprung“ hat im Alten Testament zahlreiche Vorausbilder, so in der Adamah, in Eva, Sarah, der Jungfrau Israel, aber auch im Paradies, im Bundeszelt, im heiligen Tempel mit der Bundeslade und den Gesetzestafeln als „Thron“ und „Wohnort“ Gottes. Schon die Erdmutter (Adamah), aus der Adam gebildet wird, gilt im jüdischen und christlichen Denken als „jungfräulich“. Der Kirchenvater Irenäus von Lyon sagt: Wie der „erste Adam“ muss auch der „letzte Adam“ jungfräulich geboren werden. Der Stammbaum Jesu – bei Matthäus bis Abraham, bei Lukas bis Adam – ordnet seine menschliche Geburt in die horizontale Geschichte Israels beziehungsweise der Menschheit ein. Ein weiteres Sinnbild für die immerwährende Jungfräulichkeit Marias ist das immer verschlossen bleibende Osttor des neuen Tempels in der Ezechielvision, durch das die Herrlichkeit Gottes wieder einzieht (Ez 43,1-2; 44,1-3; vgl. Joh 1,14), ebenso der nicht verbrennende Dornbusch als Ort der Selbstoffenbarung Gottes in seinem heiligen Namen (Ex 3,1-14). In „Jesus“ (= JHWH rettet) wird dieser Name Fleisch (Lk 2,11.21). JHWH, 10-5-6-5, hat den Zahlenwert 26, in den 78 Geschlechtern des lukanischen Stammbaums Jesu bis Gott ist die 26 des Gottesnamens dreimal enthalten.
Bild:Der auferstandene Jesus im weißen Gewand (Weiß ist die Farbe der Vollendung) und Kreuz-Nimbus, siegreich auf der zerbrochenen Tür des Todesreiches in X-Form stehend, greift machtvoll mit seiner Rechten nach Adam und mit seiner Linken nach Eva und mit ihnen nach allen verstorbenen Gerechten, um sie (am Karsamstag) aus der Gewalt des Hades zu befreien und in die Höhe zum himmlichen Vater heimzuführen - Anastasis-Ikone aus Zypern (Foto: Heinz Dieter Müller).
Der Gottesname JHWH bedeutet „ewiges Sein“. Das wird abgelesen an der stets gleich bleibenden Sonne, während der sich stets wandelnde Mond Sinnbild für Werden und Vergehen und so auch für die Vergänglichkeit und Erlösungsbedürftigkeit der „in Geburtswehen liegenden“ Schöpfung ist (Röm 8,21f). Der Name „Jesus“ bedeutet „JHWH rettet“, nämlich indem er das sterbliche Fleisch des Menschen in seiner Inkarnation annimmt und in seiner Auferstehung verklärt und vergeistigt oder (sonnenähnlich) „vergoldet“ (Offb 21,18). Gefeiert wird Jesu „Fleischwerdung“ an den alten Daten des Sonnenlaufs nach dem Julianischen Kalender: der Frühlings-Tagundnachtgleiche am 25. März (Fest Mariä Verkündigung) und neun Monate später der Wintersonnenwende am 25. Dezember (Weihnachten). Der 25. März galt als Beginn des Jahres und der Schöpfung, wo die Frühlings-Sonne „aus ihrem [Braut-]Gemach hervortritt wie ein Bräutigam“ und „frohlockt wie ein Held“ (Psalm 19,6; ahdt. hieß es noch der „Sunne“). Das deutet Ambrosius von Mailand (4. Jh.) auf Jesus hin: „Wie die Sonne sich erhebt und den Weg als Held durcheilt, so erschien er in der Welt, wesenhaft ganz Gott und Mensch“ (Gotteslob Nr. 227.3). Die Passion Jesu als Mensch wiederum wurde im Sinnbild des sterbenden Mondes (Luna) gesehen. Im Alten Ägypten wird der Mondgott Osiris in 14 Teile zerstückelt, die den 14 Tagen des abnehmenden Mondes entsprechen (seiner Frau Isis sammelt sie wieder ein und zeugt mit Osiris den Sonnengott Horus). Theophilus von Antiochien (2. Jh.) sieht in der Erschaffung von Sonne und Mond am 4. Schöpfungstag „Träger und Bilder eines großen Mysteriums. Die Sonne nämlich ist das Bild Gottes, der Mond das Bild des Menschen.“ Ein „großes Mysterium“ ist auch das Ein-Fleisch-sein von Mann und Frau im Paradies (Gen 2,24) und von daher auch von Christus und der Kirche (Eph 5,31). Noch in der zum Fest Fronleichnam (= lebendiger Leib des Herrn) führenden Vision der jungen Ordensfrau Juliana von Lüttich 1209 von der Kirche als Mondscheibe lebt die Gleichung Menschheit Christi, Kirche (als „Leib Christi“) und Mond fort. Ostern wird entsprechend gefeiert am ersten Sonn-tag nach dem Frühlings-Vollmond (Sinnbild der Auferstehung des Körpers), und die Wiederkunft Jesu wird vom Osten her als Sonnenaufgang erwartet (Ostung der Kirchen).
Bild: Abraham (Bildmitte) mit dem kleineren Isaak blicken auf zum Himmel, wo ein Engel das von Gott verlangte Opfer des geliebeten Sohnes im letzten Augenblick verhindert; beide stehen auf dem Widder, der anstellte Isaaks geopfert wird – Kathedrale von Chartres (südwestlich von Paris).
Die Erzählung von der Opferung oder „Bindung“ (hebr. akeda) Isaaks (Gen 22) gehört zu den spannendsten, unter „moralischem“ Gesichtspunkt aber auch verstörendsten Geschichten des Alten Testaments: Wie kann Gott von Abraham fordern, seinen geliebten Sohn, den er erst im Alter von „100 Jahren“ von Gott bekommen hat, ihm auf dem Berg Mori-jah (= Gott ist mein Lehrer) zu opfern? Im Judentum gilt die Erzählung als zehnte und letzte „Erprobung“ oder „Versuchung“ Abrahams. Seine Frau Sarah ist bei Isaaks Geburt „90 Jahre“, unmittelbar nach der Erprobung von Abrahams „Gottesfurcht“ stirbt sie mit „127 Jahren“ (Gen 23,1). Entsprechend ist Isaak bei seinem Aufstieg zum Opfer „37 Jahre“ alt. Die ersten 36 Zahlen ergeben in der Summe 666, die Sechs (lat. sex) ist die Zahl der sterblichen Körperwelt. Deshalb wird der männlich-weibliche Mensch mit den Erdtieren am „sechsten Tag“ erschaffen (Gen 2,24-28). Allerdings soll er nicht wie die Tiere in der Welt aufgehen, sondern seine eigentliche „Heimat“ ist der „Himmel“ (Phil 3,20) mit der Auferstehung am ewigen „achten Tag“ jenseits der Sieben-Tage-Schöpfung (der Mensch ist in Gen 1 das „achte“ Schöpfungswerk). Als Vorbereitung auf den Himmel als ewige Gottesgemeinschaft dient der „siebte Tag“ der Gottesruhe und -verehrung (Sabbat). Adam ist in seiner Versuchung durch die Satan-Schlange (Triebwelt) der Körperwelt des „sechsten Tages“ erlegen, Abraham soll es dagegen besser machen: Der nicht auf natürlichem Weg gezeugte Isaak, „Sohn der Verheißung“, soll nicht wie alle sterben, sondern im wahren Glauben das ewige Leben haben bei Gott. Ihr gemeinsamer Aufstieg ist so recht verstanden der Weg der Heiligung im Glauben an Tod und Auferstehung (am „achten Tag“), wie der Hebräerbrief (11,17-19) sagt. Wenn sich im Augenblick der „Bindung“ (der vier Gliedmaßen zur Eins) der Himmel öffnet, wird der „Widder“ sichtbar (Gen 22,12f): das rettende „Lamm Gottes“. Die Isaak-Opferung gilt schon in der Passah-Homilie von Bischof Melito von Sardes (160 n. Chr.) als das alttestamentliche Vorausbild des Kreuzesopfers Jesu, des neuen Isaak, der selbst sein „Holz“ trägt (Joh 19,17).
Bild: Mit dem Tierfell bekleidet werden Adam und Eva vom himmlischen Lichtengel, der seine ursprüngliche Bestimmung verkörpert, aus dem Paradies vertrieben, die Paradiestür (links) wird vom sechsflügeligen Serafim als Flammenwesen bewacht (Gen 3,24) – Dom von Monreale bei Palermo.
„Noch tragen wir der Erde Kleid…“ heißt es in einem modernen Lied (Gotteslob Nr. 552.4). Für Paulus ist der aus der Adamah, der Erde gebildete Adam oder Erste Mensch einerseits „ein irdisches Lebewesen“ (1 Kor 15,45; Gen 2,7): sterblich, „verweslich“, „armselig“ und „schwach“. Andererseits wird er in Christus, dem „letzten Adam“ und „lebendigmachenden Geist“, auferweckt als „unverweslich“, „herrlich“ und „stark“; denn Christi Nachfahren sind „wie der vom Himmel himmlisch“ (1 Kor 15,42-49). „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben; das Vergängliche erbt nicht das Unvergängliche“ (Vers 50). Der irdische Mensch sollte aber „mit Unvergänglichkeit bekleidet“ sein (Vers 53; vgl. 2 Kor 5,4). Doch hat er sein „erstes Kleid“ im Sündenfall wie der verlorene Sohn im Gleichnis verloren (Lk 15,22). Mit der Sündenvergebung und Auferstehung in Christus hat er aber wieder „Hoffnung auf die Herrlichkeit Gottes“ (Röm 5,2), auf das Lichtkleid der göttlichen Doxa. Durch Adam kamen Sünde und Tod in die Welt, durch den neuen Adam Christus kommen Gnade, Gerechtsprechung und ewiges Leben (Röm 5,12-19): „Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle [die glauben] lebendig gemacht“ (1 Kor 15,22). Symbol des lebendigen „neuen Menschen“, der wieder „nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit“ (Eph 4,24; Gen 1,26), ist das weiße Taufkleid. Der Priester betete beim Anlegen der Stola als pars pro toto seines ganzen Kleides vor der Liturgiereform (1969): „Gib mir, o Herr, das Gewand der Unsterblichkeit, das ich in der Abwendung der ersten Eltern verlor, und obwohl ich unwürdig zu deinem heiligen Mysterium hinzutrete, möge ich dennoch die ewige Freude erlangen.“ Im Paradies als Ort der Gottesnähe und Urbild des Tempels als „Himmel auf Erden“ ist Adam zwar „nackt“ (Gen 2,25), aber das heißt: bekleidet mit dem Lichtkleid der Herrlichkeit Gottes. Licht ist hebr. or (1-6-200), das irdisch-animalische Fellkleid, das Adam nach seinem Fall bekommt (Gen 3,21), ist auch or (70-6-200), geschrieben aber mit Ajin (= 70) statt mit Aleph (= 1). Als Sterblicher lebt Adam in der Vielheit der Materie, als zur Unsterblichkeit verwandelt/verklärt in der Einheit des Geistes.
Bild: Judas erhält von den jüdischen Autoritäten 30 Silberling dafür, dass er ihnen Jesus ausliefert, der seine irdische Messias-Erwartung nicht erfüllt – Dom von San Gimignano (Toskana).
Wie der Mensch (Adam) hat auch der Messias (Geist-Gesalbte) einen doppelten Ursprung: vertikal dem Wesen nach stammt er von König David ab, horizontal der Generationenfolge nach von Josef von Ägypten. Dieser gilt, weil er der Versuchung der Tochter des Pharao nicht nachgab, als Inbild des Gerechten und Heiligen sowie christlich als das Vorausbild des Erlösers. Wie Jesus wird auch schon Josef von seinen Brüdern „verkauft“ wegen seiner besonderen Liebes-Beziehung zu seinem Vater (Jakob) und in die Tiefe (des Todes) hinabgestürzt, dann aber folgt sein Aufstieg zum „Herrn für ganz Ägypten“ (Gen 45,9). So kann er seine Brüder vor der Hungersnot retten und ihnen das Brot des Lebens in Fülle schenken (Gen 45,17-23). Über Jakob und Isaak stammt auch Josef von Abraham ab, dem „Vater der Völker“ und Vater im Glauben (Röm 4). Das Matthäus-Evangelium beginnt mit den Worten griech. Biblos geneseos (= Buch der Abstammung), was an Gen 2,4 erinnert: „Das ist das Biblos geneseos von Himmel und Erde“, und Gen 5,1: „Das ist das Biblos geneseos der Menschen“. Jesus wird in Mt 1,1 als „Sohn Davids“ und „Sohn Abrahams“ vorgestellt. Durch Abraham wird Jesu Messianität universal geöffnet auf das Heil aller hin (vgl. den Missionsauftrag Mt 28,18-20). Die 3 x 14 Geschlechter des Stammbaums sind die Gematrie des Namens David = D-v-d = 4-6-4 = 14: David (hebr. dod) bedeutet der „Geliebte“ Gottes. Auf dem Weg ins Gelobte Land durchläuft Israel 3 x 14 Stationen mit einem Einschnitt nach 1 x 14 (Rückkehr der Kundschafter); der Einschnitt bei Jesu Stammbaum ist die babylonische Gefangenschaft nach 2 x 14 Generationen (Mt 1,11). Im Hebräischen sind 1-2 und 2-1 Ab (Vater) und ba (ich komme): „Wenn der Mensch sich zum Vater hin bewegt, so kommt der Vater zum Menschen“ (Friedrich Weinreb, Die jüdischen Wurzeln des Matthäus, 98). Josef, der Nährvater Jesu, wird in Mt 1,20 auch als „Sohn Davids“ bezeichnet. Josef von Ägypten gleicht wegen seiner Ausstrahlung und „Schönheit“ (Gen 39,6) dem Planeten Venus (franz. vendredi/ Venustag = sechster Tag/Freitag). Im kabbalistischen Sefirot-Baum, wo die Patriarchen die sieben unteren Sefirot (Eigenschafen Gottes) und die sieben Schöpfungstage verkörpern, steht Josef für den sechsten Tag („Fundament“), David für den siebten Tag („Königreich“ als Gottes Gegenwart in der Welt). David und Jesus werden geboren im „Haus des Brotes“ = Be(i)th-lehem = 2-10-400-30-8-40 = 490 (analog zu 49 = 7 x 7). Salomo, der Sohn Davids, hat den Tempel als „festes Haus“ für Gott gebaut (1 Kön 6,1-38). „Hier (beim Messias) ist mehr als Salomo“ (Mt 12,42) und mehr als Abraham (Joh 8,58). Denn der Geist-Gesalbte ist der „König des achten Tages“, der seinen Auferstehungsleib zum neuen Tempel erbaut (Joh 2,19-21), in dem der Vater wahrhaft wohnt und angebetet wird (Joh 4,23).
Bild: Maria im rot-braunen Kleid der Erde hat vor der dunklen Erdhöhle das Schöpferwort geboren, das in Windeln im Futtertrog eingewickelt liegt wie in Leinenbinden im Sarkophag – orthodoxe Weihnachtsikone aus dem Kloster Moni Gouverneto auf Kreta.
In einer Epihanius von Salamis zugeschriebenen Karsamstagspredigt heißt es: „Er (Jesus) ging aus dem Schoß der Jungfrau hervor, ohne ihn zu verletzen, wie er später aus dem Grabe stieg, ohne dessen Siegel zu lösen.“ Geburts- und Grabes- bzw. Auferstehungshöhle bilden seit jeher eine Einheit. Für den Benediktiner Gerhard Voss machen die orthodoxen Weihnachtsikonen „deutlich, dass Maria gleichsam der Exponent des dunklen Grabes der Erde ist, das in ihr zum Schoß des neuen Lebens wurde“ (vgl. Una Sancta 4/2004, 302-321, hier 318). Liturgiewissenschaftlich gilt, dass zu jedem Zeitpunkt des kreisförmigen Kirchenjahres „dasselbe Pascha“ gefeiert wird, derselbe „Übertritt vom Tod zum Leben“; der Descensus in der Menschwerdung entspricht dabei dem Descensus des Karsamstags, „das Weihnachtsfest [ist] in seinem Kern nicht minder als die Osterfeier Begegnung mit dem österlich erhöhten, thronenden und herrschenden Christus“ (Rupert Berger). Das Motiv der Höhle als Geburtsschoß der „Mutter Erde“ (magna mater) führt in die Tiefen der Religionsgeschichte und des Unterbewussten. Der Kirchenhistoriker Ernst Benz sagt: „Die heilige Höhle gehört offenbar zur tiefsten Schicht und zu den ältesten Ausdrucksformen menschlicher Religiosität“, die „auch das religiöse Bewusstsein der Menschheit am längsten geformt“ hat; ist doch die Höhle auch der Ur-Ort des Kultes (vgl. Eranos XXII, 365-432). Ernst Bloch sieht die Erde als Zentrum der humanen Kultur und „Hauptstadt des Alls“ im Hinblick auf die Vollendung des Humanums in einer ‚u-topischen’ Zukunft (Das Prinzip Hoffnung, II, 920f) und zitiert dazu den Arzt, Bergbauingenieur und katholischen Philosophen Franz von Baader (1765–1841), der in seiner Schrift „Begründung der Ethik durch die Physik“ (1813) seine geozentrische Hoffnung formuliert, dass durch Verwandlung der Physik die „mit Christus tingierte Erde“ zu einer vollkommenen Natur fortschreitet. Ist sie doch mit den Worten Blochs „eine bescheidene Höhle, in der der Gott geboren wurde“ (921). Für Baader ist die Jungfrau-Gottesmutter Maria-Sophia die neue Erde als wahre „Umbildungsstätte“ des Menschen: (Tauf-)Schoß der Wiedergeburt im Geist des Schöpfers.
Bild: Jesu Beschneidung (mit Blutvergießen) am „achten Tag“ (Lk 2,21) greift das alttestamentliche Zeichen des Bundes auf, das im "Blut des Bundes" (Mt 26,28) am Kreuz in den neuen und ewigen Bund transformiert wird, Deckenfresko in der Krypta des Doms von Salerno.
Im Bundeszeichen der Knabenbeschneidung und Namengebung (Lk 2,21) nimmt Jesus den bisherigen jüdischen Heilsweg auf und vollendet ihn am „achten Tag“ seiner Auferstehung von den Toten (= Sonntag nach dem Sabbat als siebtem Tag) beziehungsweise in der Geist-Verleihung am „fünfzigsten Tag“ (= „Pfingsten“ analog zum achten Tag) als Wirklichkeit des Todes-Überwindung oder „Neuschöpfung“ (2 Kor 5,17; Gal 6,15). Das Entscheidende an der jüdischen (im Unterschied etwa zur islamischen) Beschneidung mit dem Vergießen des Blutes als Zeichen des Gottesbundes (analog zum Blut des Paschalammes) ist also, dass sie am „achten Tag“ vorgenommen wird (Gen 17,12). Er ist das Zeichen der Neuschöpfung in der Ewigkeit als Vollendung der zeitlichen Sieben-Tage-Schöpfung. Entsprechend wurde seit dem Spätmittelalter das „Fest der Beschneidung des Herrn“ als „Oktav von Weihnachten“ (1. Januar) begangen. Seit der Liturgiereform durch Papst Paul VI. vor fünfzig Jahren (1969) wurde es abgeändert in das „Hochfest der Gottesmutter Maria“, wobei die Beschneidung Jesu weiterhin im Zentrum des Messformulars steht. Heute fordern manche Theologen die Wiedereinführung des Festes der Beschneidung, um Jesu Jude-sein zu betonen und einem Antisemitismus in der Kirche zu wehren. Die christliche Taufe (mit Namengebung in achteckigen Baptisterien) ist die Beschneidung, „die Christus gegeben hat“ durch sein Kreuz-Mysterium, „die man nicht mit Händen vornimmt“ (Kol 2,11). So ist auch Jesu Jude-sein vollendet in seinem Sein als Geist-Gesalbter am Kreuz, aber auch schon in seiner jungfräulichen Geburt aus der geisterfüllten Gottesmutter Maria als Urbild der Wiedergeburt im Wasser und Geist der Taufe. Die Beschneidung am „achten Tag“ war Vorausbild der Geist-Taufe durch Christi Heilsgeburt und Auferstehung mit der Errichtung des neuen und ewigen Geist-Bundes im Blut des wahren Paschalammes (1 Kor 5,7). Dass der christliche (katholische) Glaube den jüdischen vollendet, bezeugt auch der Oberrabbiner von Rom, Israel Zolli, in dem autobiographischen Bericht über seine Konversion 1945 („Der Rabbi von Rom“, 2005).